Morning Briefing – 4. Oktober 2021 – Soziales – und immer aufs Gas…

Guten Morgen,

In meiner in der letzten Woche begonnen losen Reihe über die Baustellen der zukünftigen deutschen Regierung (hier zur Mobilität und hier zur Inflation) komme ich heute auf DIE deutsche Herzensangelegenheit zu sprechen – die soziale Frage. Dazu schaue ich mir mal die Beschäftigungsstruktur und die Steuerlast an, bevor ich die neuesten „Zahlenspiele“ in den wichtigsten Sozialkassen wiedergebe:

In meiner in der letzten Woche begonnen losen Reihe über die Baustellen der zukünftigen deutschen Regierung (hier zur Mobilität und hier zur Inflation) komme ich heute auf DIE deutsche Herzensangelegenheit zu sprechen – die soziale Frage. Dazu schaue ich mir mal die Beschäftigungsstruktur und die Steuerlast an, bevor ich die neuesten „Zahlenspiele“ in den wichtigsten Sozialkassen wiedergebe:

Beschäftigung: https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Demografie/Generische-Publikationen/Bericht-Demografie.pdf;jsessionid=DA748FB618642007D02380A30705436A?__blob=publicationFile&v=3

„Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland hat von 2013 bis 2018 um 11 Prozent zugenommen und erreicht mit 32,9 Millionen einen Höchststand.“ / „Die höhere Erwerbsbeteiligung und die bessere Ausschöpfung des Arbeitskräfteangebots zeigen sich in der Beschäftigungsquote, die den Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der Wohnbevölkerung im erwerbsfähigen Alter angibt. Sie hat sich innerhalb der letzten fünf Jahre um 4,8 Prozentpunkte auf 59,9 Prozent erhöht.“ (S. 10)

„Die Zahl der Erwerbspersonen, die vor dem Übergang in den Ruhestand stehen, erhöhte sich stetig, während die Zahl der nachrückenden Jüngeren, infolge des Geburtenrückgangs, kleiner wurde.“ (S. 4)

Weiterhin sind rund 5 Mio. Menschen im öffentlichen Dienst, davon 1,7 Mio. als Beamte und Richter beschäftigt (hier). Bereits im Jahre 2019 war die Anzahl der Selbstständigen mit 3.956 Mio. unter die Vier-Millionen-Marke gerutscht (hier).

Insgesamt waren im Juli 2021 44,84 Mio. Menschen erwerbstätig (hier).

Steuerlast: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/publikationen/2017/333303/IW-Trends_1_2017_Steuerlast.pdf

„Die Hälfte der Haushalte mit den geringsten Äquivalenzeinkommen trägt lediglich 7 Prozent zum Aufkommen der Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag bei. Der Anteil dieser Gruppe am Mehrwertsteueraufkommen ist mit 38 Prozent dagegen deutlich höher. Werden alle Steuerarten zusammengerechnet, beträgt der Anteil dieser Haushalte 18 Prozent.

Die oberen 30 Prozent der Einkommensverteilung bestreiten etwa 80 Prozent der Einkommensteuereinnahmen und 42 Prozent der Mehrwertsteuereinnahmen. Dies macht etwa zwei Drittel der gezahlten Steuern aus. Dabei erwirtschaftet diese Gruppe etwa 55 Prozent der gesamten Haushaltseinkommen.“ (S. 108)

Pensionen: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/altersversorgung-versorgungsausgaben-fliegen-uns-um-die-ohren-die-pensionslast-fuer-beamte-waechst-rasant/27512746.html

Gut, nicht weiter verwunderlich – die Lasten werden eher noch zunehmen.

Rente: https://www.tagesschau.de/inland/studie-lebenserwartung-103.html

Aha, (Arbeiter-)Rentner sterben also vier Jahre vor Beamten….

Commerzbank: https://www.faz.net/aktuell/finanzen/stellenabbau-der-commerzbank-vorruhestand-mit-56-jahren-17331424.html

Mit 56 Jahren in Rente, das ist auch nur möglich, weil die CoBa von „Papi Staat“ mit mindestens rund Euro 5 Mrd. (hier) unter die schwachen Ärmchen gegriffen hat. Auch so ein Beispiel von „Sozialisierung von Verlusten“….

Krankenkassen: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/gesundheitspolitik-krankenkassen-bekommen-vorerst-keine-neuen-milliarden-warnung-vor-hoeheren-beitraegen/27571726.html?ticket=ST-1229469-BEZBTaz7Jn6JQXxa4RYM-ap3

Wie, den Krankenkassen geht das Geld aus?

Pflegekasse: https://www.tagesspiegel.de/politik/bericht-ueber-corona-bedingtes-milliardenloch-der-pflegekasse-droht-offenbar-die-zahlungsunfaehigkeit/27644244.html

Wie, der Pflegekasse geht das Geld aus?

Grundeinkommen: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Ministerium/2021-09-15-gutachten-wissenschaftlicher-beirat.html

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/arbeitsmarktpolitik-warum-ein-bedingungsloses-grundeinkommen-unbezahlbar-ist/27512356.html

https://www.oldenburger-onlinezeitung.de/nachrichten/finanzministerium-bedingungsloses-grundeinkommen-nicht-umsetzbar-69100.html

https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-der-chefoekonom-das-bedingungslose-grundeinkommen-ist-das-nessie-der-sozialpolitik/27573230.html

Die eigenen Ministerien hauen es den Ministern um die Ohren: Während Herrn Altmaier’s Beirat die Renten“politik“ kritisiert (hier; und dafür von Herrn Scholz erst mal eine „gelbe“ Karte kassierte), zerlegt Herrn Scholz eigenes Ministerium erst mal die Idee des Grundeinkommens….

Mindestlohn: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/lohn-oekonom-fratzscher-haelt-mindestlohn-von-zwoelf-euro-fuer-notwendig-und-richtig/27609822.html?ticket=ST-3684094-Ourw7vwSANqNBHrkGrFR-ap4

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Top-Okonom-verteidigt-12-Euro-Mindestlohn-article22802917.html

Nun ja, ein Mindestlohn von 12 Euro, dass Herr Fratscher das fordert, ist ja klar, der will ja auch unter einer SPD-Regierung dann „Chef“ der Wirtschaftsweisen werden. Aber auch Herr Fuest kann sich das wohl vorstellen – wenn auch auf Raten, wenn man Herrn Steingart von heute glaubt (hier). Aber angesichts des „demographischen Faktors“, der ja mittlerweile scheinbar die Leute erfasst, die „das Land am Laufen halten“, wie etwa LKW-Fahrer (hier), dürfte diese Frage tatsächlich der Markt regeln – und im Zweifel sogar oberhalb von zwölf Euro.

Fazit: Die Erwerbsquote ist hoch, beständig wird seit Jahren das Reservoir des „Arbeitskräfteangebotes“ besser ausgeschöpft (man könnte auch sagen, „leer gefischt“). Trotzdem zahlen 30% der Erwerbstätigen 80% des Einkommenssteueraufkommens. Und nur angesichts der Beitragsbemessungsgrenze (s. dazu die Diskussion bei der SZ hier) zahlen sie im Zweifel nicht auch noch 80% des Aufkommens für „Bismarcks Erben“ – sprich, die Sozialkassen. Die Sozialkassen sind chronisch unterfinanziert, wie schon das „Knacken“ der 100-Mrd-Marke der Zuschüsse aus dem (mit Euro 547 Mrd. sowieso völlig aus dem Ruder gelaufenen (hier)) Bundeshaushalt belegt (hier).

Aber, statt sich einmal zu beschränken, werden neue Träume geweckt und befördert – wie das bedingungslose Grundeinkommen  (s. bei mir hier). Was den Rechten / Neo-liberalen ihr (widerlegter) „Trickle-Down-Effect“ ist (hier), sprich, dass wenn man den Reichen gibt, dieser Reichtum sich nach unten verteilen wird, ist den Linken ihr Mantra von leistungslosen Grundeinkommen. Beides Stoff, aus dem wirtschaftspolitische Alpträume sind.

Klar ist aber auf Grund der Betrachtung auch, dass es nichts bringt, 50% der Haushalte nur 7% der Einkommenssteuer aufbringen zu lassen. Ein Staat muss diesen Anteil erhöhen – und das wird im Zweifel nur gehen, wenn deren Einkommen steigt. So gesehen, macht der Mindestlohn nicht nur deswegen Sinn, um die Zahl armer Rentnter zu senken.

Aber im Kern wird es darum gehen, „Wertschöpfung“ (NICHT „Finanz-Vodoo“!) und „Innovation“ (NICHT „Verbote“) zu fördern und in meinen Augen wird das nicht über mehr Beamte, sondern nur über mehr Selbstständige gehen (s. bei mir schon hier). Die FDP steht ja angeblich dafür. Da sie ja mit hoher Wahrscheinlichkeit an der nächsten Regierung beteiligt sein wird, können wir uns ja dann mal anschauen, wie es ihr gelingt, ihre Position in die Tat umzusetzen – und sich gegen die anderen (SPD und Grüne?) durchsetzt, die im Zweifel noch mehr aufs (sozialpolitische) Gaspedal treten dürfte…

Spruch des Tages: „Vor einem Schalter stehen: Das ist das deutsche Schicksal. Hinter dem Schalter sitzen: Das ist das deutsche Ideal.“ – Kurt Tucholsky

Keep calm and carry on!

-tz 

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