Morning Briefing – 15. November 2021 – Inflation gebremst durch Zinserhöhung?

Guten Morgen,

„Zentralbanken uneins bei Zinspolitik“ titelt Statista einen kurzen Abriss über den aktuellen Stand zu möglichen Maßnahmen, um die zusehends davongaloppierende Inflation (zuletzt meldeten etwa die USA eine Inflationsrate von 6,2%, hier, demnächst mehr dazu). Doch was unternehmen die Notenbanken tatsächlich? Dazu nachfolgend ein kurzer Abriss:

BoE: https://www.ft.com/content/06d41edf-b285-43b0-8d47-7451c9d6f268

„Bank of England head insists interest rates will rise in the coming months“ (FT) – sprich, erst mal ist die BoE aus Angst vor einer Rezession von einer Zinserhöhung zurückgeschreckt, aber vielleicht kommt dann doch noch eine Erhöhung – um 0,25%.

Neuseeland: https://www.bbc.com/news/business-58812068

Die neuseeländische Zentralbank hat die Leitzinsen im Oktober moderat um 0,25% auf jetzt 0,5% angehoben. Juti.  

Russland: https://wolfstreet.com/2021/10/22/another-shock-awe-rate-hike-by-the-bank-of-russia-to-douse-raging-persistent-inflation-as-the-fed-still-fuels-the-fire-in-the-us/

Hatte ich gar nicht mitgeschnitten, aber die russische Zentralbank hat schon mal die Zinsen erhöht, nicht zum ersten Mal und jetzt auf 7,5%.

Türkei: https://www.manager-magazin.de/finanzen/boerse/tuerkei-tuerkische-lira-faellt-nach-leitzins-senkung-auf-rekordtief-recep-tayyip-erdogan-heizt-inflation-an-a-006cb3df-375e-4b16-a6ee-cdd8c29a499b

Angeblich ist die türkische Wirtschaft im zweiten Quartal 2021 um über 20% gewachsen (hier), was wohl für eine Überhitzung sprechen würde.  Aber Herr Erdogan kämpft auch zumindest ums politische Überleben (hier), so dass er sich wohl zumindest derzeit keine Zinserhöhung erlauben will.

Argentinien: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/988114/umfrage/monatliche-inflationsrate-in-argentinien/

https://taz.de/Inflation-in-Argentinien/!5811334/

https://www.ceicdata.com/de/indicator/argentina/policy-rate

Argentinien belegt mit einer geschätzten Inflation von 48,4 Prozent für das laufende Jahr in der IWF-Weltrangliste Platz vier.“ (taz). Und dabei liegt der Leitzins bei astronomischen 33,84%. Und so toll sind die Wachstumsaussichten dort auch nicht (hier). Venezuela, anybody (bei mir hier)? Oder Türkei (bei mir hier)? Argentinien schließt in der Rangliste der Staaten mit Hyperinflation auf jeden Fall zur Spitzengruppe auf. Hoffen wir mal, dass wir bei diesen Ländern nicht einen Blick in unsere Zukunft werfen…

Fazit: Nach Ansicht von Paul A. Volcker hatten „[sich alle] zu sehr daran gewöhnt, dass immer mehr Geld gedruckt wurde und jeder schnell sein Geld ausgeben musste, damit es nicht an Wert verliert.“ (Tagesspiegel, hier) und erhöhte 1979 die Leitzinsen so sehr, dass zum Zeitpunkt der US-Präsidentenwahl 1980 die US-Bürger Hypothekenzinsen von 21% zahlten. Auch deswegen gelang Jimmy Carter seine Wiederwahl nicht. Könnte sehr gut sein, dass sich Herr Erdogan dieses historische Ereignis vor Augen führte, bevor er sich gegen eine Erhöhung der Leitzinsen entschied. Aber vielleicht hat er sich ja auch den Zustand Argentiniens angeschaut, wo ein Leitzins von über 33% die Inflation auch nicht daran hindert, auf über 48% zu steigern.

Nach Durchsicht meiner eigenen – nicht repräsentativen – Aufstellung würde denken, dass eine (drastische?) Erhöhung der Leitzinsen auch nur zur Entschleunigung der Preisentwicklung beiträgt, wenn sie noch auf eine einigermaßen funktionierende Wirtschaft trifft. Das ist bei Venezuela nicht mehr der Fall und auch Argentinien nähert sich diesem Punkt zweifellos an. Aber auch die Türkei hätte demnach nur noch ein überschaubares Zeitfenster, um zur geldpolitischen Stabilität zurückkehren zu können. Die Frage ist dann, was die EZB und die Fed noch für ein Zeitfenster haben!

Spruch des Tages: “Earth provides enough to satisfy every man’s needs, but not every man’s greed.” – Mahatma Gandhi

Keep calm and carry on!

-tz 

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