Risikoradar – Bankenkrise – Still ruht der See…

So, die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal 2024 wohl (auf Grund gestiegener Preise!) einer Rezession entronnen (hier) und gleich frohlocket Herr Habeck (hier), der kurz zuvor noch die bisherige Misere auf 16 Jahre Merkel geschoben hatte (hier). Also, alles toffte im Land der Bedenkenträger! Oder?

Ich glaube nicht. Und dabei will ich gar nicht auf die in der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft inhärenten Probleme eingehen (das hat neulich erst Herr Fuest  beim Turnaround Forum von Struktur Management Partner fulminant erledigt, hier der Hinweis), sondern eher auf die Risiken der Finanzwelt (auf die ich zuletzt hier eingegangen bin), die uns derzeit umzingeln – die aber in meinen Augen gerade in der deutschen Presse eher unterbelichtet bleiben:

So ist die globale Verschuldung auf ein neues Allzeithoch gestiegen – mit China, Indien und Mexico an der Spitze (hier) Aber auch die USA sind kein Kind von Traurigkeit. So ist das Staatsdefizit seit 2009 von USD 12,5 Billionen auf über USD 33,4 Billionen in. 2023 gestiegen (s. zu den Details hier), nunmehr hat die US-Regierung das erste Mal über eine Billion (!) USD Zinsen für diese Schulden zahlen müssen (hier). Deswegen nicht unerwartet verlaufen deswegen Zinsverläufe von zehnjährigen und dreimonatigen US-Staatsanleihen seit 21 Monaten  invers, sprich die Zinsrate für dreimonatige Staatsanleihen ist höher, als die für zehnjährige. Eine derartige Konstellation wird als starker Rezessionsindikator angesehen (s. nur hier). Aus Vergangenheitsdaten hat ein Forum nun abgeleitet, dass die Dauer der Inversion mit der Stärke der Rezession korreliert und leitet zudem aus den bisherigen Perioden der Inversion ab, dass die Rezession die USA im zweiten Halbjahr 2024 erwischen dürfte (hier). Nicht gerade beruhigend, dürfte aber eben auch mit der extrem hohen Verschuldung zusammenhängen, die die US-Regierung in den letzten Jahren akkumuliert hat.

Die private Verschuldung in den USA (die die Verschuldung von Unternehmen einschließt) bewegt sich zwar auf dem Niveau von 2014 in Relation zum BIP (hier). Allerdings stand der effektive Zinssatz damals bei unter 1% und heute bei über 5% (hier). Da ist es dann schon verwunderlich, dass die Kreditausfallrate zwar steigt , aber gerade im Vergleich mit der letzten Finanzkrise nur moderat (hier). Trotz dieser relativ guten Entwicklung scheint sich insbesondere der Regionalbankensektor in den USA weiterhin in einer Krise zu befinden (hier), weswegen, wenig verwunderlich, die Zahl der Bankenpleiten nicht abnehmen dürfte (s. zu einem guten Überblick hier).

Wohl auch als Folge der mittlerweile länger anhaltenden Zinskurveninversion, der stark steigenden Neuverschuldung und der nicht zu erwartenden Senkung der Leitzinsen durch die Fed (hier) gehen die Kreditausfallversicherungen in Form von Credit Default Swaps (CDS) für die USA im wahrsten Sinne des Wortes „steil“ (s. nur hier). Mit der New York Community Bancorp (NYCB) steht nun auch wieder eine US-Regionalbank am Abgrund (hier, hier und hier).

Kleine Anekdote am Rande: Trotz dieser offensichtlichen Risiken hat der japanische Yen zwischenzeitlich in der Spitze bis 63% seines Wertes in Relation zum US-Dollar verloren (hier). Das spricht zwar nicht für die Stärke der US-Währung, aber Bände über die MMT-Politik der japanischen Zentralbank. In China droht derweil mit der Zerschlagung der Shimao Group (hier und hier zur letzten Betrachtung zur chinesischen Wirtschaft) einem weiteren Baukonzern das Ende – was nicht gerade für ein Ende der dortigen Finanzkrise spricht.

Die Immobilienkrise im Heimatmarkt erreichte die deutschen Banken schon vor einiger Zeit (s. erneut hier). Wenig verwunderlich und nicht beschränkt auf Immobilien steigt die Zahl der Kreditausfälle in Deutschland (hier). Die Krise der NYCB hat die Deutsche Pfandbriefbank noch zusätzlich betroffen (hier und hier). Weil scheinbar aus Europa lediglich die deutschen Banken (wieder) in den USA „überinvestiert“ sind, macht (nach 2008) der Spruch vom „dumb Germany money“ wieder einmal die Runde (hier). Aber auch die schweizerische Bank Julius Bär, die wohl 10% ihres Eigenkapitals bei der mittlerweile insolventen Signa-Group investiert hatte (hier) gehört wohl nicht zum Kreis der intelligentesten Banken. Zwar dürfte die zwischenzeitliche Pleite des Kreditvermittlers Creditshelf (hier) nicht oder zumindest nicht nur auf Verwerfungen z.B. im Immobilienbereich beruhen, aber sie nur als singuläres Ereignis zu sehen, dürfte auch zu kurz springen.

Fazit: Derzeit ruht still der (Finanz-)See. Wer aber genauer hinschaut, sieht so einige Anomalen ziemlich dicht unter der Wasseroberfläche. Diese Verwirbelungen können sich natürlich auch wieder beruhigen, aber die Parameter – eine weltweite Schuldenorgie bei sich nicht unbedingt abzeichnenden Zinssenkungen, die immer wieder kochkochenden Probleme im US-Regionalbanken-Sektor mit seinen Auswirkungen auf den deutschen Markt, der schon angesichts der eigenen Immobilienkrise eigentlich genug Probleme hat – sprechen dagegen. Die Frage ist eher, wann es zu erneuten krisenhaften Zuspitzungen kommen könnte. „Klassische“ Finanzkrisen beginnen ja im Herbst.

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