Guten Morgen,
„Falls jemand wirklich denkt, dass uns mit dem Impfstoff ein Chip eingesetzt werden oder dass unsere DNA in eine Cloud geladen werden soll: Bitte bedenkt, dass ANDREAS SCHEUER das organisieren müsste.“ (Christian Huber@pokerbeats, twitter).
So weit, so witzig. Aber könnten nicht auch die vielen kleinen Herrn Scheuers dieser Welt mit ihren jeweiligen Handlungen auch unbewusst die Freiheit untergraben? Vielleicht gar nicht gewollt oder gar mit den besten Vorsätzen („Leben retten“)? Zum Wochenende mal wieder eine etwas längere Leseliste, die den vorangestellten Fragen nachzugehen versucht:
Kammern: https://www.bverwg.de/de/pm/2020/61
Nicht, dass ich das Urteil (das wohl noch nicht schriftlich begründet wurde) per se schlecht finden würde. Denn die Kammern haben kein allgemeinpolitisches Mandat, sondern sind für die Selbstverwaltung von Berufsständen zuständig. Im Lichte der Rechtsprechung des BVerwG sollte der Berliner Anwaltsgerichtshof sich demnächst also auch mal kritisch hinterfragen, für was die Rechtsanwaltskammern so alles einstehen. Aber: Der DIHK bekommt einen „Maulkorb“, die EZB kann ihr Mandat dagegen bis zur Weltrettung ausdehnen (s. dazu hier)?
Immer gerne von mir gebashed – der öffentlich-rechtliche Rundfunk (s. nur hier). Zumindest mittlerweile hätte mein Vater mit seinem „Rotfunk“-Vorwurf also Recht. Aber, eine Rücklaufquote von 77 Antworten ist vielleicht nicht so ganz repräsentativ, allemal wohl nicht, um so eine Schlagzeile zu liefern….
Verlegerrechte: https://www.heise.de/news/Urheberrechtsreform-Altmaier-macht-gegen-Nutzung-von-Inhalte-Schnipseln-mobil-4946759.html
Dasselbe Medienhaus, dass sich oben mit einer eher fadenscheinigen Umfrage über die politische Ausrichtung des ÖRR mokiert, schweigt derzeit auffallend – zumindest öffentlich – zum von ihm maßgeblich lobbyierten Verlegerschutz und den Upload-Filtern. Wenn Sie eines Tages meinen Blog nicht mehr lesen können, dann sollten Sie wissen, dass der Springer-Verlag daran nicht so richtig unbeteiligt war.
Shitstorms: https://www.nzz.ch/meinung/wie-shitstorms-die-kultur-der-angst-und-des-opportunismus-foerdern-ld.1584402
Neben der Cancel Culture sind Shitstorms ja derzeit en vogue, um missliebige Meinungen zu diskreditieren. Und es funktioniert – wie das Beispiel der Süddeutschen zeigt.
Sicherheitsgesetze: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-11/ueberwachung-terrorismusgesetz-fingerabdruecke-ausweis-freiheit
Gegen die (im stillen erfolgte) Entfristung der Anti-Terror-Gesetze war der „Große Lauschangriff„, wegen dem Frau Leutheusser-Schnarrenberger vor Jahrzehnten als Justizministerin zurücktrat, nur ein laues Lüftchen. Sehr guter Kommentar dazu in der Zeit (die aber ansonsten auch sehr oft mit „Haltung“ statt „Wissen“ glänzt, die Gräfin würde sich im Grabe umdrehen), der die Entwicklung auf den Punkt bringt: „Wenn es darum geht, langsame und schleichende Veränderungen unserer Lebensumstände zu bemerken, sind wir wahnsinnig schlecht.“
§ 28a InfSG: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/239/1923944.pdf
Sie erinnern sich an meine Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der Lockdwon-Maßnahmen (hier und hier)? Erneut eher im Stillen hat die Bundesregierung jetzt das Infektionsschutzgesetz „geschärft“. Keine Bange, mehr Rechte bekommen Sie deswegen nicht. Und fragwürdig ist einiges daran, wie der Spiegel gut rausarbeitet.
Tja, das „Minsterium für Wahrheit“ rückt näher. Aber wer hätte gedacht, dass es von Jens „verzeiht mir“ Spahn geleitet wird?
Fazit: Die Frage ist nicht, ob die Bundesregierung „uns“ für dumm hält (hier), wie die Welt rhetorisch fragt. Vielleicht denkt sie gar nicht so viel über uns nach. Die Frage ist vielmehr, warum sie TROTZ medialem Gegenwind (Papier, ex-Verfassungsrichter: „Auch wer die Gesundheit der Bevölkerung schützen will, darf nicht beliebig in die Grundrechte eingreifen“; „Keine dauerhaften exekutiven Sonderrechte – für niemanden!“ – ja, wie immer richtig, Frau Leutheusser-Schnarrenberger) und einschlägiger Studien, wonach die Regierungen die Pandemie zur Einschränkung von Freiheitsrechten nutzen, s. nur hier, unbeirrt ihre Kreise ziehen kann. Die Antwort könnte simpel wie beängstigend sein: Sie macht genau das, was die Mehrheit des Volkes will. Zwar soll man ja vorsichtig mit Umfragen sein, die man nicht selber gefälscht hat, aber wenn 67% der Deutschen trotz (oder wegen?) der auch hier dargestellten Mahnungen mit dem erneuten Lockdown einverstanden sind (hier), dann kann man nur sagen, das Volk will es mehrheitlich nicht anders.
Ich nenne so etwas meinen Hammerstein-Moment („98 Prozent des deutschen Volkes sind eben besoffen„). Allerdings, schaut man sich den Wust von Meldungen über die verschiedenen Bereiche an, in denen „die Freiheit“ (wie bei der DIHK vielleicht sogar zu Recht) beschränkt wird, dann wird deutlich, dass es viele „Schrauben“ gibt, an denen man drehen kann – und nicht alle (erst recht nicht mir) sind die alle zu jeder Zeit bewusst. Und sind 23.000 Neuinfektionen (hier) nicht Grund genug, die Freiheit zu Gunsten der Gesundheit zu beschränken? Kann durchaus sein – aber in meinen Augen darf das nicht „durch die kalte Küche“ am Parlament vorbei passieren. Und die Parlamente dürfen das auch nicht mit sich machen lassen. Tun Sie es – so wi jetzt – vergehen sie sich an ihren Wählern. Aber die Wähler müssen sich halt auch mal kümmern – und sich weder von oberlehrhafter Rhetorik unserer Politiker noch von irgendwelchen Quanon-Anhängern ins Bockshorn jagen lassen.
„Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. “ (na, von wem wohl?)
In diesem Sinne – Nutzen Sie Ihre Freiheit – auch am Wochenende!
-tz