Guten Morgen,
89.197 / 3.048 (Infizierte / Tote), so die aktuelle Entwicklung der Pandemie, wobei aus der Übersicht von Johns Hopkins deutlich wird, dass sich die Verbreitung des Virus in China verlangsamt (so man den offiziellen Zahlen auch nur bedingt glaubt), während im Rest der Welt gerade Zahlen in die Höhe schießen. So hat sich die Zahl der Infizierten in Deutschland seit Freitag fast verdreifacht (hier; s. auch die gute Übersicht der FAZ hier). Man muss kein Hellseher sein, um vorauszusagen, dass auch in Deutschland in der kommenden Woche zu drastischen Maßnahmen gegriffen werden wird, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Aber auch die aktuelle „normale“ Grippesaison ist nicht ohne, wenn man sich anschaut, dass bis Ende Februar schon 98.000 Fälle in Deutschland gezählt wurden (hier).
Derweil hat das Heulen der Wall-Street (s. näher dazu den entsprechend zynischen Kommentar bei Wolf, hier) geholfen – Alleine auf Grund vager Aussagen der Fed haben die US-Börsen zum Wochenende (letzte 15 min!) noch mal ein Kursfeuerwerk hingelegt (s. näher hier). Und auch der deutsche DAX startete heute erst mal positiv (hier). Die Frage ist, ob es sich hier nur um ein Strohfeuer oder doch den Beginn einer Erholungsrallye handelt. Nachfolgend mal der Versuch eines ersten Überblicks – in einem „Coronavirus-Special“:
Dauer: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Influenza/FAQ26.html
https://en.wikipedia.org/wiki/Severe_acute_respiratory_syndrome
Die menschlichen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen der Pandemie werden natürlich von ihrer Dauer abhängen. Zwar sind Prognosen auch hier schwierig, aber ein erster, mit Vorsicht zu genießender, Anhaltspunkt könnte die Dauer der jährlichen „Grippesaison“ in Deutschland sein. Laut Robert-Koch-Institut dauert diese von Ende Oktober bis Mitte Mai. Die SARS-Welle von 2002/2003 dauerte sogar bis Mitte Juli.
Das heißt, dass in Deutschland möglicherweise noch bis Mai / Juni 2020 mit einem Auftreten der Krankheit gerechnet werden muss. Dies spricht eher gegen einen schnellen Rebound.
Spahn: https://www.tagesschau.de/inland/coronavirus-germersheim-111.html
3.2.2020: „Auf die Situation sind wir vorbereitet“; „Für diese Situation jetzt haben wir Intensivstationen, ausreichend Isolierstationen und -zimmer und die Ausstattung, die wir brauchen“, sagte er dem ARD-Morgenmagazin. „Wir haben ja gelernt aus den letzten Jahren.“
1.3.2020: „Wir sind am Beginn einer Epidemie“, unterstrich Gesundheitsminister Jens Spahn im Gespräch mit WELT AM SONNTAG. Der CDU-Politiker forderte jedes Unternehmen dazu auf, wie die öffentlichen Institutionen einen eigenen Pandemieplan zu erstellen. Spahn gestand Beschränkungen bei Versorgung und Schutz des medizinischen Personals ein. Auch Hersteller in Deutschland seien oft auf Vorprodukte aus China angewiesen. „Wir sollten bei Arzneimitteln oder Schutzausrüstungen nicht in diesem Umfang von anderen Regionen der Welt abhängig sein“, kritisierte der Minister und fügte hinzu: „Sicherheit ist hier wichtiger als ökonomische Effizienz.“
3.3.2020: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bezeichnete nicht mehr verfügbare Schutzausrüstung etwa für Ärzte als „großes Thema“ – weil Länder, Krankenhäuser und auch Privatpersonen auf der ganzen Welt auf Vorrat kauften, sagte der CDU-Politiker WELT AM SONNTAG. In einigen deutschen Supermärkten kam es zu Hamsterkäufen – dafür sieht Spahn keinen Grund. An bestimmten Stellen werde der Alltag zwar „eingeschränkt werden müssen“, sagt der CDU-Politiker im SWR laut dessen Mitteilung. „Aber es besteht kein Anlass, davon auszugehen, dass die Lebensmittel knapp werden.“
Schon in der letzten Woche (hier) hatte ich ja mit einigen Unterlegungen substantiell bezweifelt, dass wir in Deutschland für die kommende Pandemie gerüstet sind. Und schon im jetzigen frühen Stadium der Pandemie wachsen die Zweifel: Während Frau Merkel als amtierende Bundeskanzlerin wieder mal Sphinx-haft aus dem Hintergrund „Maß und Mitte beim Umgang mit dem Thema“ beschwört (hier), redet sich „unser“ Gesundheitsminister gleich mal selber um Kopf und Kragen. Da muss er sich nicht wundern, wenn die Menschen dann losrennen, um sich Vorräte anzulegen.
Nicht dass Sie mich falsch verstehen: ich stehe voll und ganz hinter den entsprechenden Empfehlungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, die – seinerzeit sehr zum Unmut einiger – die Empfehlungen aus Zeiten des Kalten Krieges überarbeitet und der Bevölkerung eine Vorratshaltung für Notfälle von 10 Tagen empfohlen hatte (hier). Unabhängig von der aktuellen Pandemie können die Bewohner von Köpenick nach dem Stromausfall im letzten Jahr ein Lied von solchen Szenarios singen (hier). Wenn Sie also bisher derartige Vorkehrungen nicht getroffen haben, könnte diese Pandemie vielleicht ein Anlass sein, sich mal mit den Plänen auseinanderzusetzen.
Was mich eher kirre macht, ist, dass Herr Spahn scheinbar Anfang Februar noch so entspannt war, dass er vergessen hat, SELBER den Markt für Schutzkleidung leer zu kaufen – damit diese nunmehr sehr wichtigen Ausrüstungsgegenstände auch in ausreichendem Maße für das Notfall-Personal zur Verfügung stehen. Jetzt den bösen, bösen Käufern hinterherzujammern zeugt nicht gerade vom nötigen Überblick und richtiger Prioritätensetzung.
Die ersten Reiseanbieter melden Insolvenz an. Man muss aber auch kein Hellseher sein, um nach den Bildern von der Diamond Princess zu folgern, dass nicht wenigen Mitmenschen derzeit nicht so der Sinn nach Kreuzfahrten steht. Die Insolvenzen in diesem Bereich – und in „angeschlossenen“ Branchen, wie z.B. die der Fluglinien und der Flugzeugbauer (s. nur hier) – werden weitere Pleiten folgen und zwar auch nach dem Ende der Pandemie, selbst wenn das (klimawandelbedingt) schon Anfang Mai liegen sollte.
Fazit: Auch wenn das schwer vorstellbar erscheint, dürfte die Pandemie in Deutschland noch in den Anfängen des Ausbruchs stecken. Deswegen ist es sehr früh, Dauer, Auswirkungen und Folgen konkret abzuschätzen. Aber die ersten „Highlights“ verdeutlichen, dass die politische Seite nicht so unbedingt best-präpariert ist. Auf der anderen Seite würde man auch zu kurz springen, wenn man nur auf die aktuelle Politik und den aktuellen Virus schaut und ihr die Schuld für etwaige wirtschaftliche Abstürze gibt. Vielmehr „wird das Coronavirus für Unternehmen zum Katalysator für die bereits bestehenden Probleme“, wie die WiWo zu Recht schreibt (hier) und zwar nicht nur im China-Geschäft. Und die Spätwirkungen von Konjunkturprogrammen könnten auch den Erholungsschwung wieder bremsen oder erneut die Bereinigung der Wirtschaft von einigen „Zombies“ verhindern.
Historisch: 2009: Das Historische Archiv der Stadt Köln mit einem Bestand von u. a. 65000 Urkunden ab dem Jahr 922 stürzt ein, vermutlich verursacht durch den direkt benachbarten Schacht der im Bau befindlichen Nord-Süd-Stadtbahn der Kölner Verkehrs-Betriebe. Zwei Menschen sterben und etwa 90 Prozent des Archivmaterials werden verschüttet und sind zum Teil verloren oder müssen aufwendig restauriert werden (Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/3._M%C3%A4rz)
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag und in die Arbeitswoche! Es dürfte spannend werden….
Viele Grüsse,
-tz