Guten Morgen,
Man muss ja aufpassen, als Cassandra und Forensiker nicht dauernd irgendwo Krisen und oder Leichen zu sehen. So hatte ich mir schon 2016 die Finger verbrannt, als ich meinte, auf Grund der damals in China „aufpoppenden“ Schneeballsysteme einen Crash voraussagen zu können (hier). Und nicht alles, was – Dank Shortsellern – wie „Wirecard 2.0“ aussieht, ist dann auch ein Schneeballsystem, wie der Fall Grenke zeigt (bei mir hier, weitere Entwicklung hier und hier, Fazit: unsauber gearbeitet, aber nicht kriminell). Aber nach meinem „red flagging“ von N26 (neulich bei mir hier) wage ich, Esel, der ich bin, mich gleich wieder aufs Eis des Zu-Gut-Gehens und setze die „Adler Group“ als weiteren „heißen“ Kandidaten:
Shortseller: https://viceroyresearch.org/category/adler-group-etradj/
Fraser Perring’s Viceroy lag bei Wirecard goldrichtig, aber bei Grenke grundfalsch – hat also eine ähnliche Trefferquote wie ich. Aber ich werde wenigstens (noch) nicht für meine Berichte angezeigt (hier). Angesichts des „Vortragsstils“ verwundern aber die Strafanzeigen nicht so richtig: „The Adler Group is a hotbed of fraud, deception and financial misrepresentation designed to hide its true financial position, which is bleak. The Adler Group exists as a conduit for its shadow directors and associates to systematically enrich themselves to the detriment of bondholders, shareholders, and minority holders of various listed investments.“ (hier) Wow!
Ah, das BAFin hat mal wieder Warnhinweise in den Wind geschlagen, kennt man ja. Aber zumindest hat es nicht in einem ersten Schritt Herrn Perring einen Maulkorb verpasst, wie bei Wirecard. Man muss ja die kleinen Fortschritte loben.
Verwaltungsrat: https://www.germanboardnews.de/tops/2021/10/adler-group-wie-vertrauenswuerdig-ist-der-verwaltungsrat/
Bei Wirecard hat der Aufsichtsrat ziemlich versagt (hier), die Frage ist halt, ob jetzt auch bei Adler der Spruch des Archetypen eines DeutschBankers, Hermann-Josef Abs gilt: „Der Unterscheid zwischen einer Hundehütte und einem Aufsichtsrat ist: die Hundehütte ist für den Hund, der Aufsichtsrat ist für die Katz!“
Ah, das Unternehmen hat einen bekannten Forensik-Experten mit der Prüfung beauftragt, ob es zu „Unregelmäßigkeiten“ gekommen ist. Nun ja, zumindest keine der Big Four…
Die WiWo in einem durchaus konfrontierenden Interview mit Herrn Cevdet Caner, der notgedrungen in die Vorwärtsverteidigung geht.
Ok, Probleme gibt’s bei den Immo-Projekten, da beißt die Maus wohl keinen Faden ab (s. auch bei „Untersuchung“)….
Finanzierung: https://www.capital.de/wirtschaft-politik/house-of-caner-adler-sitzt-auf-8-mrd-euro-schulden
https://www.ft.com/content/b9504a7e-d0aa-49c2-aa28-4b5b75d6f5f5
Also, Acht Milliarden Schulden sind doch mal ne Hausnummer. Aber trotz der Vorwürfe bleibt JP Morgan als Hausbank cool. Das aber vielleicht auch deswegen, weil schon der Notverkauf läuft (Evergrande, anybody?).
Fazit: Hm. Rein gefühlsmäßig würde ich zunächst davon ausgehen, dass Herr Caner – wie bei Level One (s. den verlinkten Wikipedia-Eintrag oben) einfach zu schnell zu viel wollte und es mit dem „Leverage-Effekt“ auch im Fall der Adler Group etwas überzogen hat. Im Gegensatz zu Herrn Perring würde ich derzeit die Adler Group eher als überschuldeten Immobilienentwickler sehen, der jetzt in einer Liquiditätskrise steckt (die die Shortseller noch verschärfen) und gerade sein „Tafelsilber“ verhökert, denn als mit Wirecard vergleichbares Betrugskonstrukt.
Allerdings werfen die scheinbar zwischen verschiedenen Unternehmen der Adler-Gruppe und/oder Familienmitgliedern der Caners dann – ähnlich wie im Fall Grenke (!) – doch einige Fragen auf (s. hierzu insbesondere den Capital-Artikel). Von daher kann man auch bei der Adler Group nur sagen: „Holzauge, sei wachsam!“
Spruch des Tages: „Neunzig Prozent aller Millionäre werden dies durch den Besitz von Immobilien. In der Immobilienbranche wurde mehr Geld verdient als in allen industriellen Investitionen zusammen. Der kluge Investor von heute steckt sein Geld in Immobilien.“ – Andrew Carnegie
Keep calm and carry on!
-tz