Morning Briefing – 14. Juni 2021 – Inflation – alles nur „transitory“, oder was?

Guten Morgen,

Während sich die Fed noch bemühte, die bereits in den Vorwochen stark anziehende Inflationsrate in den USA als nur „zeitweise“ („transitory“, hier) kleinzureden, platzte letzte Woche die Bombe: Nachdem der entsprechende CPI-Index in den USA bereits im April um 4,2% gestiegen war (hier; der PCE-Index auch um 3,6%, hier), „knackte“ er im Mai 2021 die 5%-Marke (hier). Dies ist die höchste Inflationsrate seit Ende August 2008 (Finanzkrise, anybody?). Und auch in Deutschland steigt die Inflationsrate seit Monaten bedrohlich an: Von 1,0% im Januar bis hin zu 2,0% im April (hier), nur um im Mai 2021 dann die 2,5%-Marke zu knacken (hier). Derzeit wird auch in Deutschland der Preisanstieg vor allen Dingen auf die Effekte des Wiederanfahrens der Wirtschaft zurückgeführt – sprich, bei knappen Produkten / Rohstoffen werden schlicht die Preise erhöht. Schauen wir uns mal erneut (zuletzt hier) den Stand der Diskussion an, ob der Anstieg der Inflation wirklich nur ein „Durchgangsstadium“ ist:

Müller: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/inflationssorgen-mehr-als-geld-und-gute-worte-a-42549c84-8521-4810-ac24-66f52f1301c9

Wie immer, auf den Punkt, Herr Müller, der davon ausgeht, dass wir vor einer „großen globalen Schubumkehr“ stehen – sprich, dass die niedrigen oder gar negativen Inflationsraten der letzten Jahre auf jeden Fall der Vergangenheit angehören werden. 

Wolf/Stelter: https://www.ft.com/content/6cfb36ca-d3ce-4dd3-b70d-eecc332ba1df

https://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/inflation-wie-der-wind-sich-dreht/

Ein anderer Wolf (Martin) und Daniel Stelter warnten schon Ende März vor einem „inflationären“ Schock. Steht der jetzt bevor – oder sind wir schon mitten drin?

Fed: https://wolfstreet.com/2021/06/11/surging-inflation-never-mind-junk-bond-yields-drop-to-record-lows-dishing-out-negative-real-yields-to-fed-whacked-investors/

https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/us-finanzministerin-janet-yellen-hoehere-leitzinsen-waeren-gut-fuer-die-usa/27261230.html

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/janet-yellen-wirbt-fuer-hoehere-leitzinsen-a-9ce893a2-5ba2-42be-95ae-374a329376da

Ein wie immer brillanter Wolf zeigt, dass a) die von der Fed kleingeredete Inflationswelle in den USA alles andere als „temporary“ ist und b) wie die Fed versucht, dem Markt durch „Reverse Repos“ Liquidität zu entziehen – und zwar massiv. Zwischen Worten und Tagen klaffen damit jetzt schon große Lücken. Und deswegen fände Frau Yellen höhere Leitzinsen auch ganz vernünftig.

Deutsche Bank: https://www.dbresearch.com/PROD/RPS_EN-PROD/RPS_EN_DOC_VIEW.calias?rwnode=PROD0000000000464258&ProdCollection=PROD0000000000518691

https://www.zerohedge.com/markets/one-bank-goes-apocalyptic-inflation-about-explode-leaving-global-economies-sitting-time

Ich stehe ja nicht so auf Herrn Folkerts-Landau, den Chefökonom der Deutschen Bank (hier), aber der hatte schon vor drei Jahren vor einer Finanzkrise gewarnt (hier, und lag damit bislang genau so daneben, wie regelmäßig ich). Jetzt hat er inflationstechnisch gleich mal so Armageddon ausgerufen, dass sogar Zerohedge drauf aufmerksam wurde.

El-Erian: https://www.ft.com/content/9f9d00da-afb1-4b51-9a0f-6344df914bd8

Wie immer, „top notch“ von Mr. El-Erian…. LESEN!

BoE: https://www.newstatesman.com/2021/06/dangerous-moment

Der Chefökonom der britischen Zentralbank, Mr. Andrew G. Haldane, steht nicht nur bei Mr. El-Erian hoch im Kurs. Und auch er hält – mit gesetzteren Worten als Herr Folkerts-Landau – die Inflation nicht nur für „transitory“. 

Fazit: Sowohl Herr Müller als auch Herr Folkerts-Landau als auch Mr. Haldane deuten an, dass man sich dem Ende des bisherigen neo-liberalen Wirtschaftszyklus nähere und dass schon vor dem Hintergrund eines „Rückschritts“ der bisherigen Globalisierung eine strukturelle (!) Rückkehr der Inflation jenseits der 2%-Ziele der Notenbanken möglich sei. Und zwar auch und gerade nach Abebben der zu erwartenden nach-pandemischen („transitory“) Inflationswelle. Denn die Verschuldung sei nunmehr soweit aus dem Ruder gelaufen, dass die „Tausend Jahre alten Regeln der Ökonomie“ wieder greifen und die Inflation dauerhaft steigen werde (Folkerts-Landau), wenn die Zentralbanken nicht frühzeitig bremsen (Haldane, Müller). Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen (s. schon hier), wenn Herr Fuest vor einem Monat meinte: „Wenn einmal Zweifel an der Solidität der Staatsfinanzen bestehen, kann man das [die Inflation] eigentlich nicht mehr stoppen.“, dann meinte er wahrscheinlich genau diesen Punkt: Die Zentralbanken dürfen nicht zu lange warten, bis sie das „größte geldpolitische Experiment aller Zeiten“ (hier; s. meine Kritik dazu hier) beenden. Problem dabei: Die Apolegeten der diesem Experiment zugrundeliegenden Theorie, „Modern Monetary Theory“, MMT, legen aktuell argumentativ sogar noch nach, wie Mrs. Stephanie Kelton in der Brand Eins aus dem Mai 2021 zeigt (hier). Aber, wer weiß, vielleicht sehen wir ja – fünf Jahre nach meiner entsprechenden Frage (hier) – tatsächlich bald, was nach der neo-liberalen Geldpolitik kommt. Aber der Weg dahin dürfte kein leichter sein….

Spruch des Tages: „Inflation destroys nations and societies as surely as invading armies do. Inflation is the parent of unemployment. It is the unseen robber of those who have saved.“ – Margaret Thatcher

Keep calm and carry on!

-tz 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert