„Geldpolitik“ – Kunst des Möglichen und Demokratiedefizit

Zwei aktuelle Posts aus dem Blog der FAZ, FAZIT, („Geldpolitik in den Sternen“ und „Keine Angst vor der Inflation“) stellen zum einen mal gut zusammengefasst jeweils die verschiedenen Möglichkeiten der Berechnung der Inflation und den Zielen der von den Zentralbanken betriebenen Geldpolitik (im Gegensatz zu der von Regierungen betriebenen Fiskalpolitik) dar.

Zum anderen geben einem beide Artikel in der Zusammenschau SEHR zu denken: 

Aus dem Artikel zur Inflation: „Die vergangenen Jahre haben zudem gezeigt, was eigentlich schon lange bekannt ist: Notenbanken sind nicht in der Lage, die Inflationsrate auf die Stelle hinter dem Komma zu steuern.“ – zunächst mal die „richtige“ Berechnungsmethode festzulegen, möchte man nach der Lektüre des Artikels über Inflation hinzufügen….

Aus dem Artikel zur Geldpolitik: „Joachim Fels, ökonomischer Berater bei der großen Fondsgesellschaft Pimco, schreibt, die traditionelle Wissenschaft von der Geldpolitik sei in den vergangenen Jahren für die Geldpolitik weniger nützlich geworden. Bis die Wissenschaft diese Herausforderung bewältigt habe, werde die Geldpolitik ein wenig wie eine Kunst betrieben werden müssen – und weniger an ökonomischen Modellen und Regeln ausgerichtet. Damit werde die Geldpolitik weniger langweilig als zuletzt, sagt Fels voraus. Immerhin etwas.“

Ok, ok – also am Anfang der Negativzinspolitik und der als „Quantitative Easing“ euphemisierten Geldschwemme der Zentralbanken wurde AUSDRÜCKLICH das Ziel ausgegeben, mit diesen Maßnahmen die Inflation anzukurbeln – und zwar genau auf eine bestimmte Marke (2%) hin. Jahre (und vernichtete Sparvermögen) später nun versucht mir das „Fachblatt der politischen Vernunft“ in verschwurbelten Worten zu erklären, was jede einigermaßen klar denkende „schwäbische Hausfrau“ bei genauerem Nachdenken an ihrem Küchentisch schon zu Beginn dieser „Geldpolitik“ hätte sagen können:

  1. Eine genaue Berechnung der Inflation ist schon getreu dem Motto „Glaube keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast“, gar nicht möglich.
  2. Damit ist auch das Ansteuern von genauen Inflationszielen („Zielmarke 2%“) nicht möglich.
  3. Es gibt keine „Wissenschaft der Geldpolitik“.
  4. Wenn Geldpolitik aber eine Kunst sein soll (wie übrigens auch die Politik ja nur eine „Kunst des Möglichen“ ist), dann stelle ich mir die Frage, warum diese Politik mir mal als „alternativlos“ verkauft wurde und all diejenigen, die den Kurs der EZB kritisieren (Sinn, Gauweiler, Stelter, um nur ein paar zu nennen) von allen möglichen selbst ernannten Experten abgetan werden können. Denn, wenn die Geldpolitik eine Kunst ist, dann kann man ja problemlos auch andere Stilrichtungen verfolgen.
  5. Da es sich aber damit auch um Politik handelt, die auch verschiedene Richtungen verfolgen kann, stellt sich mir wiederum die Frage, worin denn die „demokratische Legitimation“ der Zentralbanken liegt. Warum sind die nicht nur von Regierungen unabhängig, sondern auch von mir (als Teil der Wähler)?

Insgesamt finde ich beide Artikel brandgefährlich – denn hier wird eine von Beginn an undemokratische und – wie man jetzt sieht – völlig verfehlte „Geldpolitik“ relativiert anstatt kritisiert. Damit wird der Boden bereitet für nette Folgeartikel, wie „das haben wir doch alle gewusst“, „Das hättet IHR dumme Michels doch wissen müssen“, etc bereitet.

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