Coronavirus – „Glaube nie einer Statistik, …

… die du nicht selber gefälscht hast.“ Dies wahlweise Winston C., Johannes Rau oder anderen zugeschriebene Zitat feiert in Zeiten der Corona wieder mal fröhliche Urständ – und da tritt einiges zu Tage, wenn man dem RKI und Statistikern „aufs Maul“ schaut. ABER, gleich vorab: Wie schon bei meinem „Leugner und Blockwarte“-Post (hier), war es gut, diesen Post mal ein bisschen „reifen“ zu lassen. Denn es zeigt sich wieder einmal, dass berechtigte Kritik bei den Verantwortlichen ankommt und sie tatsächlich vernünftig zu reagieren scheinen – und die Qualität der statistischen Erhebungen sozusagen „on the go“ verbessern. Hut ab, aber lesen Sie selber:

RKI: https://multipolar-magazin.de/artikel/coronavirus-irrefuhrung-fallzahlen (Danke, Herr W.)

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-03-26-de.pdf?__blob=publicationFile

Der Post von Multipolar (vom 28. März 2020, also gefühlt aus einem anderen Jahrhundert) über das Verhalten des RKI hat mich ziemlich umgehauen – vor allen Dingen, weil er mit eigenen Daten des RKI belegt ist.  Während sich die Zahl der Tests danach im Vergleich zur Vorwoche VERDREIFACHT hatte, ist die Zahl der nach dem Test nachgewiesenen Infizierten aber RELATIV nur um 1% gestiegen.  Das natürlich die Verdreifachung der Anzahl der Tests, die zudem ausschließlich an Probanden durchgeführt werden, die zu Risikogruppen zählen, zu einem (überproportionalen) Anstieg der ABSOLUTEN Zahl der Infizierten führt, ist offensichtlich.

ABER: Das RKI lernt dazu und hat am 2. April mit einem ersten Bulletin zur „Erfassung der SARS-CoV-2-Testzahlen in Deutschland“ (s. auch hier) erste Erläuterungen zur Grundlage aller Daten – nämlich der TATSÄCHLICH durchgeführten Tests dargelegt. Sehr gut. So sehen vertrauensbildende Maßnahmen aus.

Bosbach: https://www.nachdenkseiten.de/?p=59617

Insofern kann es sein, dass über Corona die Gesamtsterblichkeit gar nicht oder nur minimal erhöht wird. Immerhin starben 2018 in Deutschland im Schnitt 2.600 Menschen pro Tag. Da sind statistisch gesehen die bislang knapp über 200 Todesfälle in 14 Tagen durch Corona eine kaum bemerkbare Größe. Wie gesagt, statistisch gesehen, menschlich zählt natürlich jeder Tote.

Die Schweinegrippe wurde völlig überschätzt und verlief schlussendlich milder als viele saisonalen Grippen der Vorjahre. Man hätte aufarbeiten müssen, warum die Schweinegrippe damals medial derart inszeniert wurde und warum die Politik mit drastischen und damals durchaus unbeliebten Maßnahmen bei der Impfstoffstrategie reagiert hat.

„…aber zum Anfang der Corona-Epidemie hätte man beispielsweise repräsentativ einen Stadtteil, ein Dorf oder einen Großbetrieb testen können, und hätte so wichtige Daten als Entscheidungsgrundlage gehabt.

Ja, warum macht man nicht – parallel zu den Tests bei den „Risikogruppen“ – „repräsentative“ Stichproben bei der „normalen“ Bevölkerung, um zumindest mal einen Vergleichswert zu generieren? Und um vielleicht auch den „Durchseuchungsgrad“ der Bevölkerung zu erkennen, wie von Herrn Bosbach gefordert? Ach so, macht man jetzt, zumindest in München (hier)? Na, das ist doch mal ein Zeichen. Sehr gut. So sehen vertrauensbildende Maßnahmen aus. Weiter so.

FAZ: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/corona-in-deutschland-verdopplung-der-infizierten-langsamer-16706793.html

https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/coronavirus-hat-johns-hopkins-bessere-zahlen-als-das-rki-16696370.html

Seit dem die Kanzlerin – quasi als Startpunkt für den Ausstieg aus dem Lockdown angegeben hat, dass sich der „Exponentialismus“ (s. dazu schon hier) – also die Verdoppelung der Anzahl der Neuinfektionen – auf zehn Tage verlangsamen müsse (hier), rückt diese Zahl natürlich in den Vordergrund. Sehr gut dazu die Berichterstattung der FAZ. Sehr gut. So sehen vertrauensbildende Maßnahmen aus. Weiter so.

Fazit: Nie wurde die Relevanz von statistischen Daten auch für den Normalsterblichen (ja, ja, ich weiß, pietätlos) deutlicher, als jetzt. Daten – und noch wichtiger, Relationen – von denen wir zu Silvester noch gar nicht wussten, wie wichtig sie sind – gehen uns jetzt jeden Tag problemlos über die Lippen (Spruch dazu: „Meine Timeline ist faszinierend: Die gleichen Leute, die vor 4 Wochen noch Fachexperten für Thüringer Verfassungsschutz waren, sind jetzt Virologen“). Und im Laufe der letzten Woche und insbesondere der Beschränkung von Grundrechten wurde sehr deutlich, dass Deutschland einiges an – sagen wir mal – Optimierungspotential hinsichtlich Erhebung, Übermittlung (s. nur hier) und BEWERTUNG der Datenmengen im Zusammenhang mit Corona aufweist.

Dabei geht der teils reißerische Umgang der Medien mit EINZELNEN Todesfällen, die auf den ersten Blick nicht den bislang statistisch festgestellten Risikogruppen zuzuordnen sind, für mich gar nicht (s. nur hier und hier). Diesem – die niedrigsten Instinkte ansprechenden – „Journalimus“ sollten die Verantwortlichen in Politik und Medizin pausenlos statistisch sauber erhobene Daten entgegenhalten. Alleine dadurch dürfte sich die Situation entspannen (und man auch klarer begründen können, wann man wieder zu „normalen“ Umständen zurückkehren kann und will).

Also, GEBT GAS, JUNGS UND MÄDELS DER STATISTIK!

P.S.: Zum Schluss von dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Schatzi – die mir mit diesem Blog ja (schon aus Eigenschutz) das „therapeutische Schreiben“ ermöglicht: Du hast mir bei den Arbeiten zu diesem Post zu Recht den Kopf ziemlich gerade gerückt. Danke dafür!

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