Normalerweise veröffentliche ich um diese Jahreszeit unter der Rubrik „In eigener Sache“ meinen jährlichen „Cassandra-Ruf“, sprich die Prognose fürs Jahr (s. zuletzt hier). Könnte ich auch dieses Jahr wieder machen, denn die ZInsO hat zuverlässig wie immer meine Prognosen veröffentlicht. Und das Ergebnis lässt sich in meinen Augen durchaus sehen. In dieser Prognose, die den Informationsstand vom 24. Januar 2020 abbildet, hatte ich allerdings noch nonchalant darauf hingewiesen, dass „quasi als „Joker“ in 2020 die aktuelle Corona-Pandemie für eine wesentliche Verschlechterung des Basisszenarios sorgen könnte.“ (s. ZInsO 2020, 441, 464). Nun ja, wir wissen mittlerweile aus einschlägigen Filmen, wie unberechenbar der Joker sein kann. So unberechenbar, dass ich nun schon Mitte März meine Jahresprognose für 2020 revidieren darf.
Zwar dürfte sich Deutschland – wohl eher auf Grund Ignoranz gegenüber den wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus, denn auf Grund harter Fakten – vielleicht noch bis Ende Februar (s. dazu das entsprechende „Monthly“ , hier) im Rahmen des von mir skizzierten Basisszenarios von einem durch Zentralbanken finanzierten, gemäßigten Wachstums gehalten haben („wirtschaftliches Biedermeier„). Spätestens seit dem 13. März 2020, als die Regierungen von Bund und Ländern einen Shut-down einleiteten, und die entsprechenden wirtschaftlichen Auswirkungen offensichtlich wurden, ist das – mit einem für Deutschland prognostizierten Wirtschaftswachstum von lediglich bis zu 0,5% (s. ZInsO 2020, 441, 464) sowieso nicht als „oppulent“ zu bezeichnende – Basisszenzario allerdings nicht mehr zu halten.
Wohin die wirtschaftliche Reise in 2020 und darüber hinaus geht, kann derzeit noch niemand sagen, denn die Pandemie steht zumindest in den USA und Europa noch am Anfang. Im bereits zuvor zitierten Fazit der Prognose hatte ich weiter ausgeführt: „Höchstwahrscheinlich kann aber nur die kumulierte Verwirklichung verschiedener Risiken die bestehende „Metastabilität“ erschüttern.“ Dementsprechend befürchte ich, dass die Corona-Pandemie nur der erste einer Reihe von Domino-Steinen war, wie etwa der „Zombifizierung“ von Unternehmen (s. dazu ZInsO 2020, 441, 457), die als fragiles Gebilde bislang von den Zentralbanken zusammen gehalten wurden – und nun beginnen, zu fallen.
Zwar haben sich bereits einige Institutionen zur weiteren Entwicklung für 2020 positioniert (s. etwa die OECD, hier oder McKinsey, hier). Gemeinsam ist diesen „early movers“, dass sie in Bezug auf die weitere wirtschaftlich Entwicklung genau so schwarz malen, wie einige Experten in Bezug auf die zu erwartenden Todesfälle in Sachen Corona. So geht McKinsey im schlimmsten Fall von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von bis zu 59% in Europa aus (s. S. 8, in einer Vorversion war sogar von -93% die Rede!). Starker Tobak, aber in meinen Augen sind derartige Aussagen arg verfrüht.
Die Suche nach einem Halt in Form von einigermaßen stimmigen Prognosen ist in diesen unruhigen Zeiten allerdings mehr als verständlich. Deswegen werde ich Updates zu meiner Prognose, beginnend mit einem ersten, welches Mitte / Ende April erscheinen dürfte, veröffentlichen. Auf legonomics.de können Sie das „Werden“ dieses Artikels schon in Echtzeit verfolgen, denn in verschiedenen kürzeren Hintergrundartikeln, z.B. zur Vorhersehbarkeit einer solchen Pandemie (hier) oder der Erforderlichkeit einer „Durchseuchung“ der Bevölkerung (hier), bereite ich den Boden für die Revidierung der wirtschaftlichen Prognose.