Morning Briefing – 23. August 2019 – US-Steuern // Fed // EZB // Vermögenssteuer

Guten Morgen,

Weil die Rezession nun eigentlich nicht mehr zu verleugnen ist (z.B. gingen die Gewinne deutscher Industrieunternehmen, also der Träger des deutschen Exports, im ersten Halbjahr 2019 um 28% zurück (hier) und die Bilanzen deutscher Unternehmen sehen wohl auch nicht so toll aus (hier)), überschlagen sich Politiker und Kommentatoren aller Länder und Couleur mit derart viel Vorschlägen zu Stimulus-Maßnahmen, dass man damit problemlos eine Woche Morning Briefings füllen könnte – bereits in dieser Phase. So fordert die Süddeutsche erst mal eine „Agenda 2040“ (hier) , während der französische Präsident gleich ein weltweites Konjunkturpaket fordert (hier).

Sozusagen als kleinen Überblick, packe ich deswegen mal ein paar dieser Vorschläge in dieses Wochenend-Nahe-Briefing, sozusagen als „Long Read“. Wohl bekomms:

US-Steuern: https://www.handelsblatt.com/politik/international/medienbericht-us-regierungsvertreter-erwaegen-offenbar-senkung-der-lohnsteuer/24921260.html

Ah, da will Herr Trump wieder die Steuern senke, die letzte Steuersenkung mit Amtsantritt hat ja (neben neuen Schulden) die US-Wirtschaft bis Ende 2018 getragen. Jetzt muss er sie bis zu den Präsidentschaftswahlen im November 2020 oben halten…

Fed: https://www.finanzen.net/nachricht/zinsen/fomc-minutes-sitzungsprotokoll-us-notenbank-fed-betont-unsicherheit-durch-handelskonflikte-7911271

Zwar ergibt sich aus den aktuellen Fed-Protokollen keine eindeutige Tendenz in Richtung weiterer Zinssenkung. Allerdings wird erwartet, dass Fed-Chef Powell sich anläßlich der Sitzung der Zentralbanken in Jackson Hole (dazu schon hier) zu weiteren Zinsmaßnahmen äußern wird (hier). Angesichts der (sogleich unten diskutierten) Ankündigungen der EZB dürfe Mr. Powell jetzt aber sehr zügig von Mr. Trump  unter Druck gesetzt werden, es den Europäern gleich zu tun – also die Zinsen zu senken…

EZB: https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/sitzungsprotokoll-ezb-signalisiert-grosses-paket-zur-lockerung-der-geldpolitik/24931356.html

Erwartungsgemäß hat Herr Draghi sein „Whatever it takes“-Schwert schon wieder gezogen und kämpft Don Quichotte-mäßig gegen die Windmühlen der Rezession und der fehlenden Inflation.

Vermögenssteuer: https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/vermoegensteuer-spd-will-bis-zu-zehn-milliarden-einnehmen-a-1283288.html

https://www.welt.de/politik/article199026217/Finanzen-SPD-Konzept-will-Vermoegensteuer-einfuehren-und-Milliarden-einnehmen.html

„Rechte Tasche, linke Tasche“ kommt einem da eigentlich in den Sinn, denn wenn einerseits der Soli abgeschafft (hier), gleichzeitig aber eine neue Steuer eingeführt werden soll, dann dürfte der „Netto-Effekt“ zumindest bei einigen nicht so hoch sein.

Auch sinken – rezessionsbedingt – die Steuereinnahmen Deutschlands (hier). Angesichts überbordender Sozialprogramme, die in den „fetten“ Jahren verschrieben wurden, droht jetzt natürlich eine Lücke – die „schwarze Null“ ist  in Gefahr (s. auch hier).

Aber: Der regelmäßige Leser wird noch wissen, dass ich vor einiger Zeit selber über meinen Schatten gesprungen bin, und selber (!) die Einführung einer Vermögenssteuer gefordert habe (hier). Finde ich eigentlich auch nicht toll, aber es wird wohl nicht anders gehen – gerade, wenn ich den Faktor „Arbeit“ mal von Nebenkosten entlassen , aber nicht die Spaltung der Gesellschaft fortsetzen will.

Fazit: Das Füllhorn ist eröffnet. Ich warte jetzt auf die Forderungen der Automobilindustrie, der Maschinenbauer, der Bauindustrie und etlicher anderer Lobbygruppen, doch bitte das Geld bei Ihnen abzuladen – weil es Ihnen ja so schlecht geht und sie nur so die Arbeitsplätze erhalten können.

Man darf aber bezweifeln, dass es – bis weit in die Krise hinein – über diese Einzelmaßnahmen hinaus kohärente Maßnahmenpakete (etwa eine „Agenda 2040“) geben wird, die eine Vision verfolgen (ja, ich weiß, uns aller Helmut hat gesagt….). Angesichts dessen, dass sich diese Krise seit Jahren herauskristallisiert, mal wieder ein Armutszeugnis. Aber was juckt es einen deutschen Politiker, wenn sich ein Wähler an ihm reibt, um mal mit der Abwandlung eines berühmten deutschen Bonmots zu enden…

Historisch: 1887: Großbritannien verlangt im parlamentarisch verabschiedeten Merchandising Marks Act auf allen importierten Industrieprodukten künftig die Angabe des Ursprungslandes. “Made in Germany” entsteht (aus: https://de.wikipedia.org/wiki/23._August)

Ich wünsche einen guten Start in den Tag und in eine wahrscheinlich wieder eher aufregende Woche!

Viele Grüsse,  

-tz 

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