China – im Banne des Kongresses

By: Will Clayton
Bild: Will Clayton

China ist Projektionsfläche für riesige Hoffnungen (größter Absatzmarkt der Welt) wie auch riesiger Ängste (Auslöser der nächsten Finanzkrise). Ich selber war noch nie dort, rede also wie der Blinde von der Farbe (zuletzt hier). Darum habe ich mich vor einigen Tagen mal mit einem deutschen Ex-Pat, der seit Jahren in China lebt, über seine Ansichten unterhalten.

Derzeit läuft der 19. Parteitag der KPC und es scheint, dass der derzeitige Parteichef, Xi Jinping fest im Sattel sitzt. Passenderweise werden genau zum Parteitag Wachstumszahlen gemeldet, die leicht über der Planung liegen (6,8%). Läuft also alles rund im Land der Mitte?

Glaubt man den einschlägigen Pressemeldungen, dann erkauft sich China sein Wachstum durch Schulden – und der Tag der Wahrheit (sprich eines Krisenausbruchs) naht. China sei eine „Gefahr für die Finanzwirtschaft„, titelte gar das Manager Magazin. Folgender Satz ist dabei zentral für die Argumentation: „Der IWF-Analyse zufolge verlassen sich gerade kleinere Banken verstärkt auf kurzfristige Kredite mit Laufzeiten unter einem Jahr. Das heißt: Sie brauchen ständig frisches Kapital. Sollte es zu Verspannungen am Finanzmarkt kommen, wie im Westen 2008, sitzen solche Banken rasch auf dem Trockenen.

Hierbei sollte man allerdings berücksichtigen, dass „der Westen“ zum einen durch die Zentralbanken bereits ab dem August 2007, als er merkte, dass die Liquidität im Interbanken-Markt versiegte, ohne Ende Geld in den Markt gepumpt hat (s. hier) und dies bis heute tut (man schaue sich nur die Diskussion um Quantitative Easing in der Eurozone an). Es geht hier nicht darum, die eine schlechte Maßnahme mit der anderen zu verrechnen – aber warum sollte etwas in China nicht funktionieren, was in Europa und den USA angeblichso gut funktioniert hat? Ferner sollte man berücksichtigen, dass China Ende September 2017 wieder über mehr als drei Billionen USD an Devisenreserven verfügte (s. hier, man beachte insbesondere der Zuwachs seit Beginn 2017) – weder die USA noch Europa können derartige Reserven vorweisen. Der Anstieg ist möglicherweise auch der Wirkung von Maßnahmen gegen die Kapitalflucht geschuldet (hier). Dementsprechend dürfte China selbst im Falle einer Wirtschaftskrise noch deutlich länger „den Laden am Laufen halten“ können, als der Westen.

Zum anderen ist die chinesische Wirtschaft noch viel gelenkter, als die westliche. Mein Ansprechpartner meinte, dass z.B. der Wanda-Konzern, nachdem er begonnen hatte, Fußballvereine in Europa zu kaufen, von der Staatsführung angewiesen worden sei, seine Tätigkeit nur noch auf das chinesische Territorium und die „Seidenstrasse“ zu konzentrieren (aus dem dazu verlinkten Wikipedia Artikel: „In July 2017, the Chinese Central Government introduced new measures that bar state-owned banks from providing new loans to private Chinese firms to curb their foreign expansion.[47] According to media reports, the measures were approved directly by General SecretaryXi Jinping.[48] Next to Wanda Group, the measures also targeted HNA Group Co., Anbang Insurance Group as well asand Fosun International Ltd.[47] Chairman Wang Jianlin responded by announcing that the company will focus on investing into the domestic market, and sold $9.4 billion worth of assets, including 77 hotels and a 91 percent stake in 13 theme parks to a smaller Chinese competitor.[49]„).

Somit steht zu erwarten, dass sich im Falle der oben zititierten „Verspannung“ im „Transmissionsriemen der fristeninkongruenten Finanzierung“ der chinesische Staat noch viel stärker in die Wirtschaft einmischen wird, als das im Westen der Fall wäre. Dann wird er im Bereich der Schattenbanken (s. Post aus 2014), der Überkapazitäten in alten Technologien und den in Folge der Immobilienblase entstandenen „Ghost Towns“ wahrscheinlich genau so hart durchgreifen, wie zuvor bei der Kapitalflucht. Das ist aus Sicht eines liberalen Staates natürlich bedenklich – und mein Ansprechpartner konnte mir auch gut das Mißtrauen illustrieren, welches Chinesen gegen ihren Staat hegen: So würden finanziell gut gestellte chinesische Frauen, sobald sie schwanger würden, in die USA reisen, um ihrem Kind durch die Geburt die amerikanische Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Das nenne ich dann mal persönliches Hedging. Gleichwohl dürften die Devisenreserven und die Möglichkeit drakonischer Maßnahmen bei Anzeichen für eine Krise ausreichen, um China gegenüber dem Westen einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen.

Auch wenn ich also nicht darauf wetten würde, so verorte ich doch den Ausgangspunkt der nächsten Krise damit eher nicht in China – aller Unken-Rufe westlicher Medien zum Trotz.

Ein Gedanke zu „China – im Banne des Kongresses“

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