Meinen letzten Post zur Wirtschaftslage in China habe ich Mitte Januar 2022 abgesetzt (hier) und seitdem hat sich die wirtschaftliche Lage nicht gerade zum Besseren gewendet, die damaligen Themen sind die gleichen, wie die heutigen – nur größer und drängender, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen.
Aber zunächst zu den guten Nachrichten – zumindest für China: Die chinesische Wirtschaft ist im abgelaufenen dritten Quartal 2023 um 4,9% gewachsen (nach 6,3% im Vorquartal, hier). Diese Werte liegen zwar unterhalb der von der Partei verordneten Wachstumszielen, aber gerade im Vergleich zur deutschen Misere läuft sie natürlich grandios. Das Wirtschaftswachstum liegt allerdings in starken Einzelhandelsumsätzen begründet – denn die Exporte gingen alleine im Vorjahresverglich insgesamt um 2,5% zurück (hier), obwohl die Exporte nach Russland in den ersten zehn Monaten 2023 sogar um über 27% gestiegen sind (hier).
Zwar ist es Ziel der chinesischen Staatsregierung, gemäß der sog. „Dual Circulation Strategy“ (hier) das Binnenwachstum auch zu Lasten des Außenhandels zu stärken. Allerdings scheint die Zentralregierung nun zu merken, dass sie gerade westliche Firmen wohl doch etwas zu sehr vor den Kopf gestoßen hat (hier). Die reagieren gleichwohl zunehmend vergrätzt. Dementsprechend füllt die chinesische Zentralregierung die Lücke derzeit mit neuen Schulden (s. zum Wachstum der Staatsschulden alleine nur hier). Tatsächlich interveniert die chinesische Zentralbank massiv am Finanzmarkt, indem sie frisches Geld in den Markt (=Schulden) pumpt (hier).
Diese Not-Maßnahme scheint angesichts der sich seit 2022 immer weiter zuspitzenden Immobilienkrise allerdings auch erforderlich zu sein – gibt es doch erste Meldungen über Bank Runs (hier). Insgesamt indizieren die Pleite des Immobilienentwicklers Evergrande erst in diesem Sommer (hier, Chapter 11 in den USA!) und der staatlichen Anordnung der Übernahme der kriselnden (hier) Country Garden Holdings durch den Versicherer Ping An (hier), die sich beide an ihren Schulden-Orgien übernommen haben, dass die finanzwirtschaftliche Seite der Wirtschaft alles andere als gesund sein dürfte.
Fazit: Dementsprechend dürfte das aktuelle Wachstum durch Schulden „gekauft“ sein (wie im Westen) und ein Teil der Schulden dient dazu, die Folgen vorheriger Schuldenexzesse zumindest abzumildern. In westlichen Medien mehren sich denn auch die Stimmen, die von einer sich weiter verschärfenden Immobilienkrise ausgehen (hier), die aber auch nur ein Teil eines größeren wirtschaftlichen Problems der Volksrepublik sei (guter Überblick bei der NZZ hier und im HB hier, graphisch aufbereitet hier). Klar ist, es braut sich etwas zusammen im Lande der Mitte (hier). Ob damit bereits die Dominanz China gebrochen ist (hier) und das Land nicht mehr zur führenden Weltmacht aufsteigen wird (hier), bleibt abzuwarten. Klar ist, dass auch China über kurz oder lang sein Wirtschaftswachstum nicht mehr über einen ständig steigenden Schuldenberg wird generieren können (hier), sonst droht tatsächlich die „Japanification“ (hier). Allerdings hat es vielleicht einen längeren (Schulden-)Atem als die westlichen Wirtschaften, wer weiß?