China – Kalter Krieg „nur“ reloaded?

Auch wenn Xi Jinping aktuell Mr. Biden zu Konsultationen in San Francisco trifft (hier und hier, s zum Treffen 2021 hier), so stehen die Zeichen der Zeit zwischen diesen beiden Mächten dennoch auf „De-Coupling„, wie man jetzt so schön sagt.  Deswegen wird man schon froh sein dürfen, wenn am Ende des Treffens beide Seiten höflich ihr „agree to disagree“ umschreiben. Denn die Zeichen stehen durchaus auf Konfrontation.

Natürlich kommt einem da sofort Taiwan in den Sinn – bzw. der unbedingte Wille von Herrn Jinping, Taiwan mit dem Festland Chinas zu vereinigen, auch mit militärischen Mitteln. China spielt allerdings auf der vollen Klaviatur der (interessengeleiteten!) Außen- und Sicherheitspolitik, wozu Projekte, wie die „Seidenstrasse“ (bei mir hier), aber auch die „Weaponisation of Finance“ (bei mir hier) oder auch die „Sammlung von Getreuen“ unter diversen „Bannern“, wie etwa der Implementierung eines Ersatzes für das verteufelte westliche Zahlungssystem „Swift“(„CIPS“) oder die Abhaltung gemeinsamer Manöver mit den Buddies Iran und Russland (hier).

Der Swift-Ersatz „CIPS“ soll zum einen China immuner gegen potentielle Sanktionen der USA machen – und dürfte nach dem Ausschluss Russlands aus dem Swift-System nach dem widerrechtlichen Angriff auf die Ukraine (hier) jetzt auch bei anderen BRICS-Staaten vermehrt Einzug halten. Daneben verringert China seinen bislang gigantischen Bestand an US-Staatsanleihen (hier, s. insgesamt zu diesem Komplex auch hier) – und kauft Gold (hier).

Daneben hat China seit Jahren und nicht nur im Rahmen des „Seidenstraßen-Projekts“ (hier) das Mittel der Kreditvergabe an Staaten genutzt, um sich Vorteile zu sichern – Finanzierung als Waffe, „Weaponisation of Finance„, bei mir hier, s. aktuell hier und hier). Vielleicht nicht nur auf Grund der aktuellen wirtschaftlichen Schwäche Chinas (hier), sondern vielleicht auch, weil die mit der Kreditvergabe verbundenen Ziele vielleicht doch nicht so einfach zu erreichen waren ist das entsprechende Kreditvolumen stark gesunken (hier und hier), während die „Restrukturierungen“ derartiger Kredite zunehmen (s. dazu Carmen Reinhart (!) beim Kieler Institut für Weltwirtschaft, hier und hier, s. hier zum Verzicht auf die Rückzahlung einiger Kredite, s. aber auch hier).

Diese und zahlreiche andere Maßnahmen (man denke nur an die „Konfuzius-Institute“ an deutschen Hochschulen, hier und hier) dienen natürlich grundsätzlich der Ausweitung der Einflusssphären Chinas in der Welt. Derartige Bestrebungen sind natürlich legitim – und angesichts dessen, was die USA so alles an Einfluss geltend machen (s. nur „Economic Hitman“, hier oder „Bilderberg-Konferenzen“, hier) – sollte man auch im „guten“ Westen vorsichtig mit Kritik sein. China ist bislang aber durchaus erfolgreich bei der Ausweitung seiner Einflusssphäre, zahlreiche aufstrebende Staaten scharren sich um China – wie der „BRICS-Gipfel“ im Sommer diesen Jahres eindrucksvoll beweist (hier). Man hilft sich halt gegen den „bösen“ Westen. Nicht nur bei Manövern, sondern auch bei der Umgehung von Sanktionen. Und so könnte das „De-Coupling“ ganz schnell in eine neue Blockbildung münden – oder hat es vielleicht schon.

Diese konzertierten Operationen der chinesischen Staatsführung sollte man bei der Bewertung der „Taiwan-Frage“ im Hinterkopf behalten. Denn China – allen voran Xi Jinping – werden die Worte des großen Militärstrategen Sun Tzu („Kunst des Krieges„) beherzigen: „Die größte Leistung besteht darin, den Widerstand des Feindes ohne einen Kampf zu brechen.“ Sprich, auch die chinesische Staatsführung wird versuchen, einen frontalen Angriff auf Taiwan so lange und so weit wie möglich zu vermeiden und statt dessen auf eher subversive Maßnahmen setzen. Dazu gehören natürlich auch Nadelstiche, wie das Durchtrennen von Untersee-Kabeln (hier) oder die beständige „Show of Force“ durch Militärflugzeuge und Marine-Schiffe (für die letzten Monate s. nur hier, hier und hier). Die wiederholten Machtdemonstration gegenüber den Philippinen (hier und hier) soll darüber hinaus andere asiatische Staaten von einer Unterstützung Taiwans abhalten.

Derzeitige westliche (!) Kriegssimulationen gehen denn auch davon aus, dass China zumindest derzeit noch den Kürzeren bei einem Frontalangriff ziehen würde (hier und hier), schon weil die chinesische Armee (noch) nicht bereit für einen derartigen Angriff sei (hier). Dementsprechend gehen führende US-Köpfe derzeit wohl eher von vermehrten „Grauzonen-Akitivitäten“ der oben beschriebenen Art, denn von einem konkreten Angriff aus (hier), auch wenn ein US-General von entsprechenden Kampfhandlungen bereits in 2025 ausgeht (hier). Letzterer könnte – und das ist das Dilemma – leider auch Recht behalten. Denn für Xi Jiping schließt sich ein Zeitfenster: Zum einen realisiert der Westen mehr und mehr, dass China nicht weiter an einer „friedlichen“ Koexistenz mit dem Westen und einem Ausbau der Globalisierung interessiert ist – und äußert das auch zunehmend (nicht nur Mr. Trump, sondern auch Mr. Biden). Zum anderen möchte Herr Xi Jinping nicht nur China bis 2049 zur führenden Weltmacht machen (hier), sondern steht auch seiner eigenen Sterblichkeit gegenüber (er ist jetzt 70 Jahre alt, hier). Und er hat seine Bestrebungen für eine weitere Amtszeit gerade mit dem Willen begründet, die „Einheit Chinas“ durch die Integration Taiwans ins Festland herbeizuführen. Vor diesem Hintergrund könnte der derzeit ablaufende „Kalte Krieg 2.0“ durchaus „zügig“ durchlaufen werden (s. dazu Niall Ferguson, hier, unbedingt anhören (Danke, E.)).

Fazit: Die Frage ist, ob der Westen und gerade wir in Deutschland auf einen „heißer“ werdenden kalten Krieg mit China, nicht nur um Taiwan, vorbereitet sind. Ok, rhetorische Frage: Während Italien gerade aus dem Seidenstraßen-Projekt aussteigt (hier) jammert die DIHK noch über die – bereits laufende – Blockbildung als „Worst-Case-Szenario“ und wünscht sich ungeachtet der Realitäten einen „regelbasierten Welthandel“ (hier), während der BASF-Chef (der aktuell ein 10-Mrd.-Investment in China im Feuer hat (hier)) das allgemeine „China-Bashing“ beklagt (hier). Noch im Frühjahr diesen Jahres konnte sich China in den Hamburger Hafen einkaufen (hier). Deutschland wehrt sich mit aller Macht gegen das wirtschaftliche De-Coupling von China. Genau so, wie es sich gegen ein De-Coupling von Russland gewehrt hat (Herr Brudermüller war übrigens auch gegen Sanktionen, hier).

Vielleicht wäre das eine tun und das andere nicht lassen eine klügere Alternative: Realisieren, dass China nicht (nur) der „nette“ Handelspartner ist, sondern seine strategischen Ambitionen zu realisieren (s. erneut hier und hier) und entsprechend darauf zu reagieren, ohne direkt den Handel abzubrechen. Angesichts der bisherigen Erfahrungen mit deutscher Politik im Angesicht von jeglichem Gegenwind habe ich allerdings wenig Hoffnung, dass wir uns auf diesen Weg bewegen, bevor es wieder mal zu spät ist. Denn ich würde – im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage Chinas (hier) und den mentalen Status seiner Bevölkerung (hier) und je nach Ausgang der Parlamentswahlen in Taiwan Mitte Januar 2024 (hier) und der Präsidentenwahl in den USA – nicht ausschließen, dass Xi Jinping den Kalten Krieg 2.0 auch zügig „heiß“ werden lässt und die vom oben zitierten US-General vorausgesehenen Kämpfe tatsächlich in 2025 beginnen.

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