Guten Morgen,
Wie ich bei der Zusammenstellung dieses Posts feststellte, habe ich aus Versehen eine weitere Rubrik, nämlich „dette is Barlin“ kreiert, die schon gar nicht mehr so klein ist (zum Thread hier) und dabei habe ich schon so einige Facetten der Stadt ausgeleuchtet. Nachdem heute mal wieder Freitach is und ich Sie, meiner verehrten Leserinnen und Leser, auch diese Woche wieder mit einigen Unsäglichkeiten genervt haben dürfte (mit Clan-Kriminalität (hier), Minority Report (hier), Bastardökonomie (hier) und N26 (hier)) und in letzter Zeit meine eigene Wahlheimat kampfsportmäßig gebashed habe (zuletzt hier), heute mal ein paar positive (Lebens-)Zeichen aus der Hauptstadt des Wahnsinns – sprich, es gibt sie auch hier noch, die guten Nachrichten (zuletzt hier):
Berlin, Berlin: https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/berlin-liebeserklaerung-an-den-failed-state-kolumne-a-11e7f7fd-fd59-486a-9958-da19db476188
https://www.bwg-ev.net/wp-content/uploads/2016/08/BWG_2011_web.pdf
Sozusagen als Nebensatz eines Berlin-Bashings, gegen das sich meine Tiraden schon stilistisch wie Erst-Klässler-Aufsätze ausnehmen, beschreibt Herr Lobo wieder einmal, warum Berlin überhaupt noch besteht und sich doch entwickelt:
„Nirgendwo ist es leichter und weniger schlimm zu verlieren, zu verpeilen, zu versumpfen. Berlin verzeiht jeden Misserfolg, deshalb wagen hier die Menschen absurdere, lustigere, größenwahnsinnigere Projekte. Selbst bei maximalem Misserfolg ist man in Berlin eben nur eine Knalltüte unter Hunderttausenden, das lindert jeden Versagensschmerz.“
Aber gegen die bereits aus dem Jahre 2011 stammende, heute sogar noch besser auf diese Stadt passende Statusbeschreibung des Journalisten Reinhard Mohr (s. pdf der Themenbroschüre der Berliner Wirtschaftsgespräche, ab S. 6) nimmt sich wiederum Herr Lobo wie ein Erstklässler aus:
„Berlin ist die Hölle. Aber es gibt Tage, da ist Berlin der Himmel. Frühlings- oder Sommertage, Abend- und Nachtstunden, in denen all das vergessen ist, der Dreck, der Lärm, die Kampfradler, Asphalt-Pilger und Dauerbaustellen. Dann ist Berlin ein Traum, die Leichtigkeit des Lebens selbst, in der alles möglich scheint. Eine Welt für sich, zugleich weit und offen bis hintern Horizont.“
Nach Erweiterung des DAX auf 40 AG’s sind zumindest fünf Unternehmen mit Sitz in Berlin im höchsten deutschen Börsenstandard notiert. Auch wenn Noch-Wirtschaftssenatorin Pop sich diesen Erfolg gerne auf die Fahnen schreibt, würde ich zum einen eher sagen, dass diese Unternehmen nicht wegen, sondern trotz der Berliner Politik und Verwaltung soweit gekommen sind. Zum anderen sind mit Delivery Hero und Hello Fresh auch zwei Unternehmen darunter, die man mit den (nicht immer so erfolgreichen) Geschäftsmodellen der „New Economy“ vergleichen könnte. Sprich deren nachhaltiger Verbleib im Dax bleibt abzuwarten.
Tesla: https://www.tesla.com/de_de/giga-berlin
Dagegen dürfte Tesla nach Brandenburg gekommen sein, um auch in Berlin zu bleiben. Den Schachzug von Elon Musk, genau in diese Ecke Deutschlands zu gehen, darf man getrost als genial bezeichnen: Er hat keine automobile Konkurrenz im Umfeld, auch keine industrielle, die ihm Arbeitskräfte streitig machen könnte (wie in fast allen anderen Ballungszentren Deutschlands), aber er hat mit Berlin eine der als coolsten gehandelte Städte der Welt als schier unerschöpflichen Personalpool vor der Haustür. Da wird so mancher Ingenieur aus Wolfsburg schon mehr als nur einen Blick riskieren.
Fazit: Es ist nicht alles schlecht in Berlin. Man kann das schlechte ziemlich gut identifizieren – es ist das systemische Versagen von Politik und Verwaltung (s. dazu bei mir hier zum fehlenden „Ethos“, was gleich den Bogen zu den philosophischen Betrachtungen vom letzten Freitag, hier, spannt). Und die Impulse zu positiven Entwicklungen kommen von Außen – und liegen auch teilweise, wie Tesla, außerhalb von Berlin, wirken aber gleichwohl (positiv) auf diese Stadt.
Und es gibt herrliche „Berlin-Manifeste“ (hier oder hier oder hier gar von der Konrad-Adenauer-Stiftung), die allesamt konstruktive Vorschläge für die Weiterentwicklung der Stadt unterbreiten, genauso, wie seinerzeit etwa Volker Hassemer („Wozu Berlin“, 2011). Allesamt geeint davon, dass „Große“ erreichen zu wollen. Per se nichts schlechtes. Aber das ist nicht so das, was der (provinzielle?) Berliner will.
Und das ist auch nicht das, was Berlin (zumindest für mich) ausmacht. Trotz der „Disneylandisierung“ (s. dazu schon bei mir hier) ganzer Bezirke (man wandele nur mal um das neu errichtete Berliner Stadtschloss) bleibt Berlin unfertig, aber von schrulliger Herzlichkeit (s. nur hier für eine Liebesbekundung nach dem Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz). Berlin ist eine stete Baustelle, die man gleichzeitig verflucht und selber betreibt – jeder mit seinem eigenen „Ding“. Berlin ist nie am Ziel. Darum bin ich noch hier, ich habe meine Baustellen…
Dementsprechend heute in Abwandlung eines eigentlich auf New York gemünzten Bonmots der
Spruch des Tages: „If you can make it here, you can make it everywhere.“ – Frank Sinatra
In diesem Sinne wünsche ich ein schönes Wochenende!
Keep calm and carry on!
-tz