Guten Morgen,
Wenn kein (rückwirkendes) Wunder geschieht, ist am vergangenen Freitag die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht endgültig ausgelaufen. Zwar scheint es noch einen Vorstoß der SPD gegeben zu haben, der aber bislang wohl nicht fruchtete, die Aussetzung noch einmal zu verlängern (hier). Die Frage, ob nun eine „Insolvenzwelle“ bevorsteht, wurde Anfang April zumeist negativ beantwortet (s. nur hier), mittlerweile sind in den Medien aber auch einige panische Schlagzeilen zu sehen (s. nur hier und hier). Wie der nachfolgende Überblick zeigt, kommt es aber möglicherweise gar nicht mehr auf die fehlende Verlängerung der Aussetzung an:
https://mailchi.mp/stbk-berlin.de/sondernewsletter-09-11-4020472?e=d559b3c874
Immer noch scheint die Auszahlung von Coronahilfen zu „ruckeln“. Und derzeit ist noch nicht klar, wann die „Bundesnotbremse“ endet und erst Recht, wann wieder mit einer Öffnung von Läden, Restaurants und anderen zwangsgeschlossenen Einrichtungen ausgegangen werden kann. Neuerliche Hilfen dürften also nötig sein. Die Frage ist dann aber, ob die noch rechtzeitig bei den wohl doch liquiditätsseitig arg gebeutelten Unternehmen ankommen werden.
Die aktuelle Frühjahrsumfrage der Creditreform bei mittleren und kleinen Unternehmen weist auch kein so günstiges Bild auf – Eigenkapital gesunken, unklare Zukunftsperspektiven.
https://www.kfw.de/KfW-Konzern/Newsroom/Aktuelles/News-Details_647232.html
KfW: „Die Banken verschärfen ihre Kreditvergabepolitik nochmals leicht, allerdings nur für den Mittelstand. Großunternehmen, vor allem im Verarbeitenden Gewerbe, kommen wieder deutlich leichter an Bankkredite.“ Sprich, kleine und mittelgroße Betriebe werden genau in der Aufschwungphase, in der sie dringend Kredite zum Wiederanfahren ihrer Unternehmen brauchen, womöglich über die „Kredithürde“ stolpern.
Warenkreditversicherungen: https://www.dmpi-bw.de/news/2021/staatlicher-schutzschirm-fuer-warenkreditversicherungen-wird-am-30-juni-2021-planmaessig-auslaufen.php
Und „passend“ dazu läuft auch der Schutzschirm für WKV aus. Das dürfte bei zumindest einigen Unternehmen zur Umstellung auf Vorkasse-Lieferungen führen. Das dürfte für betroffene Unternehmen auch nicht unbedingt förderlich für die Liquidität sein.
Fazit: Die fehlende Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (die sowieso nur noch für Unternehmen galt, die einen grundsätzlichen Anspruch auf Corona-Hilfen haben) dürfte eher der berühmte Tropfen sein, denn der wichtigste und schon gar nicht der einzige Grund für eine Insolvenzwelle sein (s. zu weiteren Gründen auch bereits hier). Dementsprechend braut sich zumindest für die deutschen KMU, die nicht in den Corona-Gewinnerbranchen tätig sind, gerade heftiges Ungemach zusammen. Und die Bundesregierung lässt es laufen. Volkswirtschaftlich gesehen, ist das Lostreten der Welle wohl überfällig, wahltaktisch aber möglicherweise ein Desaster.
Spruch des Tages: „Mit der Marktwirtschaft ist es wie mit dem Schwimmen. Ohne Wasser kann man es nicht lernen.“ – Otto Graf Lambsdorff
Keep calm and carry on!
-tz