Guten Morgen,
So, pünktlich zum Wochenende bekommt Jens auch noch sein neuestes (und wahrscheinlich nicht letztes, s. schon hier) Brexit-Special:
Die Kommentare zum „pünktlich“ am Heiligen Abend ausverhandelten Abkommen zwischen der EU und der UK (hier) schwanken zwischen nackter Wut (hier), gemäßigtem Pessimismus, was den tatsächlichen Umfang der britischen Freiheit angeht (hier), oder umgekehrt, Optimismus, was den britischen Weg angeht (hier).
Der Weg bis zum Abkommen war steinig und dürfte machen Stoff für „Dolchstoßlegenden“ liefern (sehr gut dargestellt hier). Des Pudels Kern ist nach meiner Ansicht, dass Großbritannien FREIEN Marktzugang zum europäischen Markt erhalten hat, OHNE sich an europäische Standards halten zu müssen. Daneben verfügt GB über eine eigene Währung – und die Bank of England hantiert nicht mit Negativzinsen. Und: Die Südländer der EU haben jetzt eine „satte“ Stimmenmehrheit. Nicht umsonst wurde schon gefragt, ob die Steuersenkungen in Italien nicht der Grund für Steuererhöhungen in Deutschland seien (hier). Mithin würde ich die jetzt vereinbarte Lösung nicht unbedingt als die bestmögliche für die EU einstufen. Aber auch GB muss bluten, denn bei Dienstleistungen, die fast die Hälfte der britischen Exporte in die EU ausmachen, greift das Abkommen nicht.
Fazit: Auch wenn uns fortan wahrscheinlich täglich Meldungen begleiten werden, warum dieses oder jenes Detail jetzt ganz genau belegt warum die EU oder GB oder keiner von beiden beim „Brexit“ gewonnen hat (s. nur hier, hier oder hier), so werden die Effekte letztlich erst nach etlichen Jahren zu bewerten sein. Und es wird Aspekte geben, bei denen sich die Briten besser fühlen, nicht mehr Teil der EU zu sein und andere Aspekte, bei denen die Kontiental-Europäer fröstelnd nach Britannien schauen werden. Aber daraus folgt auch wieder ein „Wettlauf der Systeme“ – und das kann beiden „Parteien“ gut tun (jetzt vielleicht schon im Wettlauf um die schnellste Durchimpfung der Bevölkerung?). Aber Deutschland wird zumindest nicht automatisch zu den Gewinnern des Brexit zählen. Die jetzt gewählte Ausstiegsvariante war aber im Zweifel die noch am Wenigsten schädliche, für beide Seiten gesichtswahrendste und weitere konstruktive Zusammenarbeit (Sicherheitspolitik!) ermöglichende Regelung (s. auch NZZ, hier).
Spruch des Tages: „Both optmists and pessimists contribute to society. The optimist invents the aeroplane, the pessimist the parachute.”, George Bernard Shaw
Keep calm and carry on!
-tz