Fog of War – 2. Dezember 2022 – Tag 282

Trigger-Warnung. Angesichts der laufenden „Mun-Debatte“ (bei mir hier und hier, jetzt selbst beim Relotius-Blatt angekommen, hier) und eines sehr klugen Interviews mit Timothy Snyder, der mir mal wieder die Abgründe der deutschen „Diskussionskultur“ vor Augen führte, nachfolgend mein Mega-Rant zum Wochenende. Die nachfolgenden Zeilen sind also vielleicht nichts für Zartbesaitete.

Lage: https://twitter.com/DefenceHQ/status/1598569686869938177

https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/wie-weit-sind-die-soldaten-aktuelle-karte-der-russischen-invasion-in-der-ukraine/

https://www.understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-december-1

UK MinDef: „Russia’s shortage of munitions (exacerbated by these logistics challenges) is likely one of the main factors currently limiting Russia’s potential to restart effective, large scale offensive ground operations.“ Na, klingelt da was, Frau Lambrecht?

RUS mag vielleicht sogar noch Bachmut erobern, aber das wäre dann wahrscheinlich „the very definition of a“ Pyrrhussieg.  Denn ansonsten scheinen die RUS nichts mehr hinzubekommen – seit Tagen keine Berichte von anderen Frontabschnitten oder groß angelegten Luftangriffen. Freuen wir uns nicht zu früh. Vielleicht wollen die RUS bei letzterem nur abwarten, bis die UKR die Versorgungsinfrastruktur wieder einigermaßen stabilisiert haben, um dann erneut zuzuschlagen. Wäre mental ein Brett für die UKR – also psychologische Kriegsführung seitens der RUS. Sollte aber in den nächsten zwei Wochen ein solcher Schlag unterbleiben, dürfte das auf tiefgreifende Probleme der RUS Streitkräfte schließen lassen.

Snyder: https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_100071934/ukraine-krieg-putin-zeigt-deutliche-anzeichen-eines-kontrollverlusts-.html

Zu einem RUS Atomwaffeneinsatz: „Ein russischer Atombombeneinsatz ist sehr, sehr unwahrscheinlich. Warum? Erstens, weil es relativ wenig militärischen Gewinn verspricht. Zum Zweiten ist vollkommen klar, dass nicht nur der Westen, sondern auch China einen solchen Schritt vehement ablehnt. Und drittens wäre der Einsatz einer Atomwaffe das Eingeständnis, dass der Krieg für Putin verloren ist. Wir müssen zudem seine Persönlichkeit berücksichtigen: Er macht sich große Sorgen darüber, wie sich die Nachwelt einmal an ihn erinnern wird. Auch Putin will keineswegs, dass sein einziges „Vermächtnis“ im Einsatz einer Nuklearwaffe besteht. Nicht zuletzt funktioniert die Abschreckung durchaus: Der Westen kann Dinge geschehen lassen, die in Russland sehr unerwünscht wären. Auch ohne selbst mit Nuklearwaffen reagieren zu müssen.

Zu Taiwan: „Aber wieder einmal hat der ukrainische Widerstand ein solches Szenario viel unwahrscheinlicher gemacht. Die Chinesen sehen jetzt, dass der Westen zu einem sinnvollen Sanktionsregime fähig ist. Und vor allem sehen sie, wie schwierig eine solche Offensivoperation für sie wäre. Im weitesten Sinne hat der Widerstand der Ukraine die Welt viel sicherer gemacht. Aber kaum jemand würdigt diese Tatsache, weil wir viel über uns selbst und unsere momentanen Ängste nachdenken. Aus den genannten Gründen ist es sehr peinlich für uns im Westen, dass wir uns als Opfer dieses Krieges positionieren.

NOCH FRAGEN? Wenn Sie heute nichts lesen, dann lesen Sie dieses Interview. Ich habe selten eine klügere Analyse gelesen. WIR DEUTSCHEN SOLLTEN SIE ALLERDINGS AUCH BEHERZIGEN!

Post-Sowjetunion: https://www.n-tv.de/politik/Post-Sowjetstaaten-verlieren-Vertrauen-in-Moskaus-Staerke-article23755254.html

Die ehemaligen Sowjet-Republiken sehen ihre Stunde gekommen. Vorboten des (weiteren) Zerfalls. S. auch ISW oben zu den Absetzbewegungen von Herrn Lukashenko.

Post-Krieg: https://www.brookings.edu/articles/time-for-the-west-to-think-about-how-to-engage-with-defeated-russia/

https://www.n-tv.de/politik/Buergerkrieg-in-Russland-Geheimdienst-FSB-befuerchtet-Putsch-gegen-Putin-article23731398.html

https://www.n-tv.de/politik/Wo-Merkel-einst-die-Ukraine-ausbremste-article23751738.html

Die Diskussion um die mögliche Nachkriegsordnung beginnt. „Potsdam 2.0“ – wann?

BdL: Den UKR dürfte zur nächsten Offensive möglicherweise nur das Eintreffen von Väterchen Frost fehlen. Derzeit hemmt der Schlamm noch jegliche Bewegung. Das könnte man spiegelbildlich zwar auch von den RUS behaupten. Aber die Tatsache, dass sie sich – trotz offensichtlicher logistischer Probleme und drohender Angriffe der UKR im Cherson Oblast – weiterhin auf einen Durchbruch bei Bachmut konzentrieren, spricht dagegen. Sie versuchen, trotz Schlamm zu agieren – der Wille ist da. Auch die Absetzbewegungen der ehemaligen Sowjetrepubliken dürften auf der Einschätzung der Machthaber in diesen Staaten beruhen, dass der Arm aus dem Kreml nicht mehr ganz so weit reicht. Deswegen könnten die heute hier verarbeiteten Meldungen zur Nachkriegsordnung in Russland vielleicht nicht verfrüht sein.

Und Deutschland? Wenn Deutschland nur beim Fußball komplett versagen würde, könnte man ja damit leben. Aber in einer solchen Parallelwelt zu leben, dass man DAS dringendste und wichtigste Problem JEDER ARMEE dieser Erde NEUN MONATE nach Kriegsbeginn noch nicht mal ADDRESSIERT hat, während man in dieser Sache komplett ahnungslosen, aber ideologisch verbohrten Personen, wie Frau Schwarzer, immer noch eine ÖRR-Plattform bietet (hier) obwohl sehr kluge Menschen, wie Herr Snyder aufzeigen, dass gerade durch den Widerstand der UKR gegen den Angriff diese Welt SICHERER geworden ist (auch in Sachen Atomkrieg!) zeigt, wie fertig Deutschland hat. Und die Diskussion über die Nachkriegsordnung wird das deutsche Führungspersonal mit Sicherheit in der ach so korrekten Parallelwelt verpassen. Nur um darauf hektisch hinter den fahrenden Zug zu springen.

Deswegen: Ob ihr noch alle Latten am Zaun habt, habe ich euch gefragt, liebes Führungspersonal? Und damit ist Herr Lindner gleich mitgemeint – denn zwar kann sich seinen Ausfall gegen Frau Lambrecht in Sachen Munitionsbeschaffung menschlich nachvollziehen, aber das ist hier keine Förmchen-Schlacht im Sandkasten mit „aber die hat angefangen“. DAS HIER IST KRIEG. HIER STERBEN MENSCHEN. Und um das Leiden abzukürzen, muss man – zugegebenermaßen kontraintuitiv – die „GUTEN“ (sprich die UKR) bis an die Zähne bewaffnen (und aufmunitionieren) und klarstellen, dass man jeglichem Angriffskrieg (egal ob aus RUS, CHN oder dem IRAN (ja, genau der)) MIT VOLLEM EINSATZ entgegentreten werde. DAS NENNT SICH ABSCHRECKUNG. Konnten wir mal. UND NUR DESWEGEN GIBT ES HEUTE KEINE MAUER MEHR QUER DURCH DEUTSCHLAND. Aber wenn ich jedem drittklassigen Despoten schon per medialer Sandkasten-Schlacht mitteile, dass ich selbst zu doof bin, dass Einmaleins der Kriegsführung zu beherzigen, wirke ich ungefähr so abschreckend, wie die „Mannschaft“, wenn sie noch nicht mal die Eier hat, ne gelbe Karte für eine Binde zu kassieren, deren Aussage sie angeblich hochhält, aber gleichzeitig professionell unfähig, die Vorrunde bei einer WM zu überstehen (war ja auch meine Prognose, hier und hier (ganz nach unten scrollen)). Denn da stimmen mentale und professionelle Fähigkeiten nicht. Integrität sieht anders aus.

Schleichts euch, ihr Versager, alle miteinander. Und kommt mir nicht mit meiner Verantwortung: Ich mache meinen Job seit 33 Jahren. Und davor war ich Feuerwehrmann.

Spruch des Tages: „Ihr Bestes? Versager jammern immer von wegen ihr Bestes, aber Sieger gehen nach Hause und vögeln die Ballkönigin!“ – Mason (Sean Connery) in „The Rock“

Keep Calm & Carry on

-tz

& BTW: Путин, иди на хуй!

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