Guten Morgen,
Nachdem heute das Hurrablatt meldet, dass mit Modern Land ein weiterer Immobilienkonzern ins Straucheln gerät (hier, hatte ich aber auch schon in meinem letzten MB dazu, hier), heute gleich mal wieder eine Wasserstandsmeldung aus dem mittlerweile zentralen Maschinenraum der globalisierten Wirtschaft – China:
Wirtschaftswachstum: https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrichten/konjunktur-chinas-wachstum-bleibt-im-dritten-quartal-hinter-den-erwartungen/27714214.html
Hm, die chinesische Wirtschaft ist im 3. Quartal 2021 nur um 4,9% gewachsen (nach fast 8% im 2. Quartal, so man den Zahlen Glauben schenken will). Ist das jetzt das befürchtete „Abgleiten der chinesischen Wirtschaft“, was zu einem „wirtschaftlichen Albtraum für Deutschland“ führt, wie ich in meinem letzten China-Special schrieb?
Immobilienwirtschaft: https://wolfstreet.com/2021/10/22/chinas-model-of-dictated-economic-growth-blew-up/
Wolf: „Homeownership is already over 90% for urban households in China, among the highest in the world. And by late 2018, 87% of home purchases were by people who already owned at least one home. […] 108 million apartments under construction, when urban homeownership is already 90% and when the working-age population has been declining for nearly a decade.“
Wolf wie immer mit einer großartigen Analyse zum chinesischen Immobiliensektor, der sich gerade zum Menetekel für die weitere Entwicklung Chinas entwickelt. Wäre ja der Knaller, wenn China am selben Sektor scheitern würde, wie vor rund 30 Jahren Japan (hier).
Aber auch die Wirtschaftswoche ordnet Evergrande durchaus lesenswert in den Gesamtkontext der chinesischen Wirtschaft ein…
https://t3n.de/news/evergrande-aktien-steigen-elektroautos-1420132/
Ah, Evergrande hat mal wieder einen Zahlungsausfall abgewendet – der nächste steht vor der Tür. Da müssen natürlich Erfolgsstories her, wie der professionelle Krisen-PRler weiß. Also mal kurz angedeutet, dass Evergrande nun E-Autos baut und schon fliegt das Ding wieder. Klar, E-Autos sind ja auch nah am Kerngeschäft „Immobilien“, da kann man ganz leicht umsatteln…. Da können wir ja auf die kommenden „Success-Stories von „Fantasia“, „Sinic“ oder „Modern Land“ gespannt sein… Oh man….
Energiekrise: https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-10/energiekrise-china-stromengpass-auswirkungen-lieferketten-stoerung-chipkrise
https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/energiekrise-china-lieferengpass-100.html
Energiekrise und kein Ende….
Flughafen Hahn: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/hna-china-flughafen-hahn-insolvenz-101.html
HNA als selber bankrotte Gesellschafterin (bei mir hier) des Flughafens hatte kein Geld mehr… Einzelfall oder Menetekel? Auch für Deutschland und Europa? Zwar sind chinesische Auslandsinvestitionen seit dem Höhepunkt 2016 rückläufig (hier), aber die Chinesen sind ein starker Player im europäischen Markt. Eine Schwäche chinesischer Investoren bei der Stützung ihrer Investments in Europa könnte eine etwaige Abwärtsspirale mehr als beschleunigen.
SZ: „50 Jahre nach Chinas Beitritt ist deutlich wie nie, was Peking anstrebt: Vereinte Nationen nach seinen Vorstellungen und zu seinen Bedingungen.“ Der Anfang vom Ende der UNO?
Im Gegensatz zur (aktuellen wie künftigen) Bundesregierung (s. dazu zuletzt hier) denkt die US-Regierung die Sicherheitslage beständig mit – und was sie über China herausfindet, scheint ihr nicht zu gefallen. Das wiederum sollte uns nicht gefallen – aber gerade in D. ist man ja mehr mit Diskussionen über Jugendwörter (hier) oder den Impfstatus von Profi-Fußballern (hier) beschäftigt.
Fazit: Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft hat sich schon abgebremst und dürfte auch im vierten Quartal – jenseits eines Wunders – nicht wieder so richtig Schwung aufnehmen. Wenn es gut läuft. Wenn es schlecht läuft, verstärken sich die Effekte aus der Krise am Immobilienmarkt und der Energiekrise (ggf. ergänzt um eine weitere Corona-Welle?) gegenseitig und lassen das Wachstumstempo weiter sinken oder gar einbrechen.
Die Folgen des schwächeren Wachstums strahlen schon jetzt auf Europa und Deutschland aus, wie gerade die Artikel über die Energiekrise zeigen – die auch zu Mängeln an Vorprodukten in Deutschland führen. Bekommt die chinesische Staatsführung diese Entwicklungen in den Griff, gut, dann wird das eine kleine Delle im generellen „Narrativ“ des „Großen Sprungs“ bleiben. Wenn aber Evergrande nur der „Stein des Anstosses“ war und die chinesische Staatsführung bei der Bekämpfung der Krisenherde einen „policy error“ begehen, dann könnten wir ungewollt Zeugen eines großen Knalls werden.
Dies hätte aber möglicherweise nicht nur wirtschaftliche Folgen, bis hin zu Pleiten von deutschen Unternehmen mit chinesischer Beteiligung, sondern könnte Herrn Xi Jinping auch zu außenpolitischen Abenteuern treiben, um von innenpolitischen Problemen abzulenken. Die Meldungen über die untunliche Einflussnahme Chinas bei der UNO und das entstehende Hyperschallwaffen-Arsenal sollten deswegen zu etwas mehr, als einigem Stirnrunzeln auch in Europa führen.
Spruch des Tages: „Nicht wer vom Konflikt spricht, sondern wer ihn zu verschweigen versucht, ist in Gefahr, durch ihn seine Sicherheit zu verlieren.“ – Ralf Dahrendorf
Keep calm and carry on!
-tz