Morning Briefing – 6. April 2020 – Statistik // Politik // Presse

Guten Morgen,

Das kann doch nicht wahr sein! Jetzt retten die Regierenden mit FTI Touristik schon den zweiten Reiseveranstalter (hier) – und dass, wo selbst das McKinsey/Roland Berger Team erst in der letzten Woche festgestellt hat, dass der Touristik-Sektor einer der letzten sein wird, der nach Corona wieder „hochfahren“ wird (hier).

Heute mal eine etwas intensivere Betrachtung der 1., 4. und – neu – „5.“ Gewalt im Staate. Mit der letzten ist natürlich die Statistik gemeint:

Statistik: https://legonomics.de/2020/04/04/coronavirus-glaube-nie-einer-statistik/

Der Satz „Glaube nie einer Statistik…..“ brachte im Laufe der Woche durchaus mein Blut zur Wallung, ließ doch ein Artikel vermuten, dass die Statistiken des hochgeschätzten RKI nicht ganz so „sauber“ sein könnten. Aber, auch hier wieder war es gut, erst mal ein bisschen abzuwarten – es gilt halt auch fürs RKI, wir lernen hier alle „on the go“.

Die Integrität und Authentizität der statistischen Nachweise – gerade auch für die Beschränkung von Grundrechten und die Diskussion um den „richtigen“ Zeitpunkt für den Ausstieg aus den Maßnahmen dürfte derzeit eine der Kardinalpflichten staatlicher Institutionen sein. Auch nur der Verdacht einer Manipulation dürfte das mühsam zurückgewonnene Vertrauen stark erschüttern.

Politik: https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-krise-kommentar-zum-politischen-umgang-faserland-a-1cb9cf65-e3f2-4423-bf91-0b484aa9430e

https://www.manager-magazin.de/digitales/it/kommunikation-der-bundesregierung-in-coronavirus-krise-nicht-gut-a-1305385.html

https://taz.de/Strategiepapier-des-Innenministeriums/!5675014/ (Danke, Herr F.)

https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-tests-strategie-1.4858950

Die Politik hat zunächst die Gefährlichkeit des Coronavirus unterschätzt (s. nur Herrn Kretschmann, hier), um dann entgegen der Regel „Niemals sagen, alles wird gut, wenn es nicht gut wird“ zu beschwichtigen (s. hier zur Chronologie der Aussagen von Herrn Spahn zu Beginn der Krise). Nur um jetzt einen Sprachschatz zu bemühen, der an totalitäre Regime erinnert: „Um die gesellschaftlichen Durchhaltekräfte zu mobilisieren, ist das Verschweigen des Worst Case keine Option“ – Die entsprechenden Meldungen noch als „Nudging“ zu interpretieren, dazu braucht es schon einige Contenance….

Presse: https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-medien-und-die-corona-pandemie-wie-gut-ist-der.1939.de.html?drn:news_id=1115404

Medienjournalisten kritisieren allerdings eine zunehmende Gleichförmigkeit der Berichte und Interviews in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendungen. Im Deutschlandfunk Kultur etwa forderte die Medienjournalistin Vera Linß, im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Coronavirus die Themen Überwachung und Datenschutz stärker in den Fokus zu nehmen. Viele Journalisten schienen sich derzeit dazu verpflichtet zu fühlen, die Krisenstrategie der Bundesregierung weitgehend kritiklos zu transportieren – „als eine Art Service-Journalismus“.

Ich würde mal sagen, die Presse hat derzeit mehr mit ihrem eigenen „Haltungsjournalismus“ (auch „konstruktiver Journalismus“ genannt (meine Meinung dazu hier)) zu tun, denn ihre (selbst deklamierte) Rolle als „4. Gewalt“ im Staate auszufüllen. Mal wieder Willy Brandt zur Warnung: „Journalismus kann abdanken, wenn er harmlos wird.“

Fazit: Die Datenlage ist immer noch mehr als dürftig. Man muss der Politik allerdings zu Gute halten, dass sie nicht warten kann, bis die Datenlage eindeutig ist. Sie muss bei unklarer Sachlage eine Entscheidung treffen (wie übrigens viele andere Menschen auch). Und angesichts der offensichtlichen Häufung von Todesfällen in den „Hot Spots“ in Italien (Bergamo) und Spanien ist ein Zuviel an Vorsicht durchaus angebracht. „Offensichtlich“ deswegen, weil die Anzahl der Toten so hoch ist, dass die Kapazität der „normalen“ Leichenhallen scheinbar nicht mehr reicht (s. für Bergamo hier; für New York hier).

Wenn dieses „Zuviel“ aber a) unter dem Verdacht steht, die Datenlage jedenfalls nicht sofort und umfassend offen zu legen und b) mit Worst Case Szenarien die „gesellschaftlichen Durchhaltekräfte“ zu mobilisieren (ich will hier mal nicht von „repressiver Steuerung“ reden), dann kann „Zuviel“ auch sehr schnell in den Verdacht geraten, ganz anderen Zwecken, als dem Schutz der Bevölkerung zu dienen.

Ich glaube, dass hier eine Masse Leute in einer Massenpanik sind, weil halt eine Masse Leute in einer Massenpanik sind – nennt sich „Herdentrieb“, anschaulich nachzulesen bei Herrn Kahnemann. Und zumindest die journalistischen „Leitmedien“ geben bei alledem kein gutes Bild ab, um es mal vorsichtig auszudrücken. Die parlamentarische Opposition erst recht nicht, aber das ist ein anderer Post.

Historisch: 1865: Friedrich Engelhorn, August von Clemm, Carl Clemm, Seligmann Ladenburg, Leopold Ladenburg und andere gründen im badischen Mannheim die Badische Anilin und Soda Fabrik als Aktiengesellschaft. BASF entwickelt sich in der Folge zum weltweit größten Chemiekonzern (Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/6._April)

Allen Entscheidern empfehle ich zum Wochenanfang die Rede der Queen an ihre Nation (hier) – nach dem Motto:

Keep calm & carry on.

-tz 

2 Gedanken zu „Morning Briefing – 6. April 2020 – Statistik // Politik // Presse“

  1. Danke für die Beispiele, die sich zweifellos ergänzen ließen.
    swprs.org veröffentlicht seit Mitte März zahlreiche Expertenkommentare, die in der deutschen Medienöffentlichkeit kaum rezipiert werden!

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