„Sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein. Nur so schaffst du es, daß die Zuschauer dir vertrauen, dich jeden Abend einschalten und dir zuhören. “
Hanns Joachim Friedrichs
Letzte Woche habe ich 100 US-Dollar gewonnen. Sie können sich ausrechnen, womit. Die Wette hatte ich übrigens im Sommer, lange vor den Wahlen, abgeschlossen – und sie beruhte auf meinen eigenen (düsteren) Vorhersagen aus dem Februar.
Gleichzeitig ist es mittlerweile ein Allgemeinplatz, dass die Medien selten so versagt haben, wie bei der Prognose der Wahlen zum US-Präsidenten. Dabei konnte ich phasenweise die diesbezüglichen, schon fast hysterischen, Äußerungen von Zerohedge nicht mehr ertragen, ein Blog, der früh davon ausging, dass Trump tatsächlich realistische Chancen haben würde. Zu schrill die Warnung vor den angeblich manipulierten Wahlen – angesichts eines nicht ganz stubenreinen Kandidaten der Republikaner erschienen sie mir doch arg übertrieben. Auch ich habe – trotz der vorgenannten Wette – am Tag vor der Wahl dann selber doch an einen Sieg Clintons geglaubt.
Aber: Zerohedge hat Recht behalten, der nun „President-elect“ Donald Trump dürfte der am meisten unterschätzte Kandidat aller Zeiten gewesen sein. Dementsprechend folgt nun der Katzenjammer insbesondere bei und in den US-Medien – und scheinbar lebten gerade einige der liberalen Medien in den USA wirklich in einer selbst geschaffenen Blase. Alles andere, als ein Sieg von Hillary war nicht denkbar. Ein ehemaliger Redakteuer der New York Times schildert detailliert, wie sich diese Zeitung (scheinbar über Jahrzehnte) von der Welt abnabelte und auf Nabelschau begab.
Die New York Times selber scheint aber zu realiseren, dass sie sich reformieren muss, wenn sie nicht untergehen will. In einem „Geständnis der liberalen Intoleranz“ stellt die Zeitung selber fest, dass man als bekennender Konservativer heute in bestimmten Zirkeln zu einer – wenn nicht zu verachtendenen, dann doch zumindest zu einer bemitleidenswerten – Spezies gehört. Dementsprechend verordnet sie sich jetzt selber eine „Umwidmung“, die von Zerohedge sofort spöttisch gewürdigt wird.
In einem früheren Post die deutsche Medienlandschaft hatte ich mich einmal mit dem damals sehr lauten Vorwurf der Lügenpresse auseinandergesetzt und für mich konstatiert, dass ich eine systematische gezielte Beeinflussung nicht so richtig erkennen kann – aber dass die Netzwerke, in denen sich die Journalisten bewegen, schon ihrerseits genug dazu beitragen, dass die deutschen Medienschaffenden nicht mehr die „Vielheit der Stimmen“ aufnehmen, um es einmal vorsichtig auszudrücken.
Es stellt sich aber angesichts des Debakel die Frage, ob die oben geschilderten internen Verhältnisse bei der New York Times nicht auch der Situation in einigen deutschen Medienhäusern ähneln. Zu denken geben sollte einem in diesem Zusammenhang die „Selbstkritik“ der Welt: Wie in den Leser-Kommentaren zu dieser vorgeblichen Selbstkasteiung immer wieder zu Recht hervorgehoben wird, macht es sich der Autor schon etwas einfach, wenn er abstreitet, dass es „Vorgaben“ oder „Richtlinien“ bei der Welt gibt, aber dann einräumt, dass er mit seinem Arbeitsvertrag unterschreiben musste, für den Grundsatz eines „vereinigten Europa“ einzutreten. Nicht das ich dagegen etwas hätte – aber bedeutet „vereinigt“ z.B. eine Fokussierung auf die „Europäische Union“ oder gar den „Euro“? Der Fairness halber muss man aber einräumen, dass sich eben diese Welt mit Henryk M. Broder dann doch schon früh – nämlich im August 2015 (!) – gegen die allzu positive Darstellung des Flüchtlingsstroms stemmte. Es geht an dieser Stelle nicht darum, pro oder contra Flüchtlinge zu sein oder zu diskutieren. Aber die Aufgabe der angeblichen „4. Gewalt“ ist es – im Sinne des oben zitierten Hajo Friedrichs – die Bevölkerung unvoreingenommen zu unterrichten – und nicht – im Sinne einer in der eigenen Blase zustande gekommen Weltsicht – zu „nudgen„. Erst, wenn die Medien damit wieder ernst machen – und nicht undifferenziert von irgendwelchen „angry white man“ faseln – werden sie wieder eine ernst zu nehmende Macht in der Meinungsbildung sein. Wenn sie das nicht schaffen, werden sie ihre Leser an die zahlreichen Blogger dieser Welt verlieren.