Heute mal ein normaler Freitag – zumindest, was den „Long Read“ angeht:
Lage: https://twitter.com/DefenceHQ/status/1540192701819256834 (Lage)
https://www.understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-june-23
„Ukraine ordnet Rückzug aus umkämpfter Stadt Sjewjerodonezk an“ (Der Spiegel), aber zumindest scheint den RUS Kräften die Einkesselung UKR Einheiten nicht gelungen zu sein (hier). Auch wenn die aktuelle britische Analyse über dein Einsatz von Contractors durch RUS in der UKR die Einschätzung des ISW über die Personal-Schwäche der RUS Armee stützt, so bleibt doch zu hoffen, dass die darauf basierende Einschätzung, dass Belarus nicht in den Konflikt eintreten wird, zutrifft. Denn generell dürfte RUS nach dem Ende der Schlacht um Sjewjerodonezk wieder an anderen Fronten aktiv werden.
https://warontherocks.com/2022/06/strange-debacle-misadventures-in-assessing-russian-military-power/
Zum WE als Long Read zunächst mal einige vertiefte Lageanalysen Dritter Seite. Alle sehr interessant – Food for thought.
https://www.n-tv.de/politik/Klingbeil-mutet-der-SPD-einiges-zu-article23412534.html
Ich teile die Einschätzung von Herrn Jäger zur Motivation von Herrn Putin, wobei ich neben dem Imperialismus auch noch profane Profitgier vermute. Und dazu wird wohl wirklich eine Angst von Herrn Putin kommen, mit einer demokratischen Ukraine neben RUS in dieselbe Lage zu geraten, wie die DDR weiland 1989. Die bisherige deutsche Weigerung, solche Motive auch nur als Risiko in die eigenen Strategien einzubeziehen, rächt sich jetzt – es wird einsam. Und der Befreiungsschlag von Herrn Klingbeil ist ja auch schon wieder aus der eigenen Partei relativiert worden (bei mir schon hier kommentiert).
Sprich, RUS zieht die Zeitenwende zumindest derzeit konsequenter durch, als wir Deutschen. Und der einzige, der unseren „easy way of life“ dagegen schützt sind – Trommelwirbel – die USA. Gerade in Deutschland ja das beliebte Objekt von Bashing.
https://www.foreignaffairs.com/articles/russian-federation/2022-06-10/ukraine-strategy-long-haul
Heute will ich mal nicht mit den Miesepetrigkeiten alleine lassen – sondern bringe auch ein paar (Dritt-)Vorschläge zum weiteren Vorgehen: 1. RISISKOANALYSE – Herr Prof. Dr. Werner Gleißner, der Verfasser des Artikels bei Risknet war für mich die Entdeckung der Woche. Eigentlich schon peinlich für mich, dass ich den Herrn nicht kannte, obwohl er auch in „meinem“ Bereich der Prognose tätig ist (und natürlich viel besser). LESEN!
2. Szenarien entwickeln: Wiewohl mir der Titel des Artikels des von mir geschätzten Marcus Ewald („Die Vollkasko-Jahre sind vorbei“), nicht gefällt, da er (wie andere auch) eine in meinen Augen eher bei Politikern denn bei großen Teilen des Volkes zu beobachtende Haltung suggeriert, so sehr teile ich seine potentiellen Szenarien.
3. Langzeitstrategien entwickeln. Ziemlich gut dazu der Artikel aus der Foreign Affairs, der mal über den Tag, die Woche oder den Monat hinausgeht. Zwar würde ich mir wünschen, nicht über Tag 200 des Krieges in der UKR berichten zu müssen. Aber vielleicht sind wir ja in 80 Tagen froh, wenn ich NUR über den Krieg in der UKR berichten muss – und nicht über weitere eskalierende Krisenherde, etwa entlang der Suwalki-Lücke (s. gestern hier).
BdL: Die Lage in der UKR ist auch nach dem Eintreffen der ersten PzHbz 2000 in der UKR sehr schwierig. Und das kann jetzt monatelang so weitergehen. Auch wenn ich die Meinungen teile, die die RUS Fähigkeiten zur Aggression entscheidend geschwächt sehen, so beruhigt das nur teilweise. Denn wir Deutschen haben den von Herrn Scholz zunächst ausgelösten Schwung der proklamierten Zeitenwende gründlich kaputt diskutiert und mit Widersprüchlichkeiten und lahmen bis lustlosen Aktionen konterkariert. Das kostet uns weltweit nicht nur Sympathie – es scheint das Bild, das einige Autokraten vom Westen haben, nämlich zauderhaft und verweichlicht zu sein, zu bestätigen.
Der erste Schritt zur Besserung ist bekanntlich die Selbsterkenntnis. Die würde bei uns mit einer Akzeptanz der Realitäten beginnen: Nein, die Welt ist nicht von Grund auf gut. Und nein, der Westen ist nicht mehr (alleine) stilprägend. „The end of history“ war genau so eine historische Selbsttäuschung, wie „Friedensdividende“.
Danach müssen wir uns daran machen, potentielle Szenarien durchzudenken, um abzuschätzen, was es WIRKLICH braucht, damit sich die Bürger der Republik sich auch in zwanzig Jahren noch über eine Folge der Bachelorette oder ein Spiel der „Mannschaft“ aufregen zu können. Einige Ansätze dazu konnten Sie in diesem Post lesen.
Spruch des Tages: „Staaten haben keine Freunde, nur Interessen.“ – Charles de Gaulle
Keep Calm & Carry on
-tz
& BTW: Путин, иди на хуй!