Guten Morgen,
Was für ein Wochenende – kaum geht man mal in den Wald und schaut nicht täglich auf das „Neuland“ namens Internet, schon scheint sich die Welt etwas schneller – und gegen die Konservativen – zu drehen. Während in Österreich Herr Kurz sich dem „kurzen Prozess“ (sorry, aber der Kalauer flog mir gerade so zu) in einem sich andeutenden Korruptionsstrudel durch Rücktritt entzog (hier, Union/Maskendeals, anybody?), zeigen „AKK“ und Herr Altmaier dann endlich mal wahre Größe – und treten sehr stilvoll ab (hier). Hut ab, hätte ich den beiden gar nicht zugetraut, aber damit haben beide nicht nur der Union, sondern auch der deutschen Demokratie einen letzten Dienst erwiesen, da könnten sich diverse insbesondere Herren mehr als eine Scheibe von abschneiden (weniger ein Herr Laschet, der wird eh gehen, umso mehr aber ein Herr S. aus B., dem sein eigenes Verfassungsgericht gerade seine „Team Vorsicht“-Ausgangssperre um die Ohren haute (hier) oder auch einen Herrn S. aus BaWü, der nach 42 (!) Jahren im Bundestag immer noch meint, dass „die Basis“ seiner eigenen Partei nicht zu viel Mitsprache bekommen sollte, hier).
Aber auch ansonsten wird mir derzeit weniger „blümerant“ als hochgradig schlecht, wenn ich auf Deutschland schaue. Das weiß der geneigte Leser meines Blogs schon seit längerem. Aber nun bin ich scheinbar nicht mehr so ganz alleine. Nachdem die Euphorie über die erste Kanzlerin Deutschlands gegen Ende dann doch so steil abfiel, wie die Leistungskurve der „Mannschaft“ unter Yogi Löw nach 2014 (s. die Analysen zur „Ära Mutti“, hier), geht es nun (warum eigentlich erst jetzt, liebe „4. Gewalt“?) aber direkt in die Vollen – eine Aufgabenstellung für die kommende Regierung jagt die nächste. Das will ich mir dann heute mal anschauen:
Bundesrechnungshof: file:///C:/Users/User/AppData/Local/Temp/BWV-Impulse.pdf
Ich hatte ja schon Ende Juni gemutmaßt, dass der Chef des Bundesrechnungshofes nach der BT-Wahl „geschleift“ werden dürfte (hier), nachdem er die Taschenspielertricks bei Intensivbetten (ebenda), aber auch die Versäumnisse z.B. bei Cum Ex der Bundespolitik (hier) gnadenlos aufgezeigt hatte. Nach diesem fulminanten Aufgabenkatalog gebe ich dem netten Herrn Scheller (der, wie ich jetzt erst lernte neben seinem Amt als Präsident des Bundesrechnungshofes noch Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung ist, hier) vielleicht noch bis Mitte nächsten Jahres, bevor er sich „neuen Herausforderungen“ stellen darf. Herr Scholz wird es gar nicht goutieren, dass ihm überhaupt einer etwas sagt….
BDI/Bertelsmann: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/deutschland-und-asien/projektnachrichten/globalisierungsszenarien
Die Wunschliste der deutschen Industrie an die neue Bundesregierung….
The Economist: https://www.economist.com/special-report/2021-09-25
Nach dem legendären Artikel „The sick man of the Euro“ im Jahre 1999 (hier) und (dem für mich eigentlich noch besseren) Artiel „An uncertain giant“ von Ende 2002 (hier) nunmehr die nächste Grundsatzanalyse des Economist, die das Zeug hat, legendär zu werden – aber auf jeden Fall von der neuen „Ampel“ gelesen werden sollte
Aus der (gar nicht mal schlechten) Analyse der „Ära Mutti“ (hatte ich schon hier kommentiert), folgt natürlich zwangsläufig auch die ToDo-Liste der neuen Regierung.
Herr Müller mit einem – wie immer fulminanten – Artikel zum deutschen Status Quo, wobei mich insbesondere der Blick auf andere Indikatoren, als das BIP schon sehr beeindruckt hat. Und auch daran gemessen, bekommt Frau Merkel nicht gerade Bestnoten.
Im Gegensatz zur Herrn Fratscher, der sich gerade offensichtlich einen neuen Job erdienen will und deswegen der zukünftigen Regierung jetzt schon Opium fürs Volk anbietet (hier), gibt Herr Fuest – trotz des warnenden Beispiels von Herrn Feld (der von der SPD ob seiner kritischen Töne geschasst wurde, hier) – die Cassandra…
Und Herr Steingart gibt selber auch noch sechs nicht ganz unwichtige Themen mit auf den Weg.
„Strategische Vorausschau 2040“: https://www.spiegel.de/spiegel/bundeswehr-studie-haelt-zerfall-der-europaeischen-union-fuer-denkbar-a-1176494.html
Da die Sicherheitspolitik ja derzeit in der deutschen Politik und damit auch bei den Sondierungen überhaupt keine Rolle spielt, mal der sicherheitspolitische Blick (bei mir hier) – aus Sicht der Bundeswehr (aus dem Jahre 2017, aber immer noch aktuell).
Fazit: Derzeit ist ja allerorten die Rede davon, dass sich „die Dinge wandeln“ , wir deutschen Michel*innen uns also alle auf fulminanten „Change“ einstellen müssten. Und tatsächlich neigt ja die Politik dazu, immer mehr Verantwortung auf die kleinste politische Einheit – den Bürger – zu delegieren (s. bei mir dazu hier und hier zur „Privatisierung der Strafverfolgung“) und sich selber einen schlanken Fuss zu machen. Liest man dagegen mal die obigen „Agenden“, dann kommen da mit „Verwaltung“, „Digitalisierung“, „Infrastruktur“ oder auch „Sicherheitslage“ sehr viele Themen auf, bei denen sich unsere Regierenden mal an die eigene Nase fassen sollten, sprich selber arbeiten. Und diese Themen liegen nicht nur seit Jahren offen zu Tage, ihre Nichtbearbeitung zeigen auch mittlerweile ordentliche Bremsspuren (s. nur den heutigen Checkpoint des Tagesspiegels, hier, der sagt über Berlin gleich wieder alles aus).
Und jetzt soll diese SPD, die seit 1998 mit einer kurzen Unterbrechung zwischen 2009 und 2013 immer an der Bundesregierung beteiligt war, also die Reformpolitik gerade in den oben genannten Themen anführen? Das ist ungefähr so glaubhaft, wie die Revolution, die der Unions-Fraktionsvorsitzende Brinkhaus vor der Wahl forderte (hier). Aber die FDP und die Grünen stehen doch für Aufbruch, oder? Nun ja, ich sage nur „Völkerrecht“ und „Hotelsteuern“….
Dementsprechend gering ist meine Erwartung an die nächste Bundesregierung. Hoffen wir mal, dass die Union sich in der Opposition ihrer Altlasten (ein paar davon habe ich oben aufgelistet) gnadenlos entledigt und 2025 so fit ist, dass sie die dann noch dringenderen wichtigeren Reformen wirklich durchziehen kann.
Spruch des Tages: „Der wohl hervorstechendste und auch erschreckendste Aspekt der deutschen Realitätsflucht liegt in der Haltung, mit Tatsachen so umzugehen, als handele es sich um bloße Meinungen“ – Hannah Arendt
Keep calm and carry on!
-tz