Corona – ein klassisches Dilemma für Politiker

Aus wirtschaftlicher Sicht ist die „Frage aller Fragen“ beim Coronavirus die, wie sich die Konjunkturkurve unter dem Einfluss des Virus entwickelt, „V“, „U“ oder „L“ sind hier die diskutierten Synonyme (s. nur hier). Das Coronavirus hat nun das Zeug für eine klassische Tragödie, stürzt es die Politik(er) weltweit doch in ein Dilemma zwischen dem Schutz der Menschen und dem Schutz der wirtschaftlichen Entwicklung (die aber wiederum auch dem Menschen dienen sollte). Und – wie es sich für ein „gutes“ Dilemma gehört – ist keiner der sich aktuell abzeichnenden Handlungsverläufe dazu geeignet, wirklich frohgelaunt nach vorne zu schauen:

Also, aus Sicht eines Virologen (Herr Drosten) werden sich auf Dauer 60 bis 70 Prozent der Deutschen so oder so mit dem Virus infizieren („durchseuchen“, hier). Gerade weil eine adäquate medizinische Versorgung der 15% der Fälle, die einen schweren Verlauf nehmen, nicht sichergestellt werden kann, wenn es – auf Grund schneller Durchseuchung – zu einem „Massenanfall von Infizierten“ kommt und weil wohl bis 2021 keine Impfung zur Verfügung steht (s. nur hier), ist es aus medizinischer Sicht zwingend, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Nur so kann das Überleben vieler Menschen gesichert werden. Die Aussagen deuten darauf hin, dass eine langsame Verbreitung über einen Zeitraum von zwei Jahren den Druck vom medizinischen Sektor nehmen würde.

In der Wirtschaft hofft man dagegen auf ein schnelles Abflauen des Virus, um eine „V“-förmige Erholung zu erreichen, mit einem „Rebound“ schon in diesem Jahr (s. z.B. Schaeffler, hier). Dies würde aber bedingen, dass entweder sich die Verbreitung des Virus quasi von selber abschwächt, wie etwa bei der normalen Grippe, deren „Saison“ ja im Frühjahr auf Grund steigender Temperaturen endet. Dieser Hoffnung hat Herr Drosten aber einen Dämpfer verpasst, denn er geht auf Grund von aktuellen Studien davon aus, dass es eben kein Abflauen des Coronavirus im Frühjahr geben wird (hier).

Das jeweilige medizinische und das wirtschaftliche „Wunschszenario“ stehen sich also offensichtlich diametral entgegen. Denn während es für einen wirtschaftlichen Aufschwung – gerade im Dienstleistungssektor, der zuletzt die deutsche Wirtschaft trug – Freizügigkeit von Mensch und Material geben muss, ist das aus medizinischer Sicht im wahrsten Sinne des Wortes „tödlich“.

Dies ist der klassische Fall eines „Gefangenendilemmas“ – einen Tod muss man sterben, um es mal sarkastisch zu formulieren. Und hier könnte sich aktuell herauskristallisieren, wie „erfolgreich“ verschiedene Systeme in dieser Situation politisch agieren: Da ist zum einen China,  das scheinbar mit rigider Abschottungspolitik bei gleichzeitigen (unfassbar großen!) Liquiditätsspritzen aktuell der Krise Herr wird (hier). Und dann sind da die USA, in denen die Politiker sich scheinbar in Realitätsverweigerung üben (hier) und damit womöglich einer ungebremsten Ausbreitung des Virus Vorschub leisten.  Auf Grund der mangelnden Test-sets und des schlechten Gesundheitswesens in den USA (s. nochmal die oben schon zitierte taz, hier) könnte die perverse Wirkung eintreten, dass die US-Bevölkerung schnell „durchseucht“ wird, allerdings dann auch – wegen des „Massenanfalls von Infizierten“ – mit einer hohen Mortalitätsrate aber damit dann auch tatsächlich noch ein „V“-Szenario der Erholung aufweist. Die Herangehensweise beider „Systeme“ an diese Krise scheint aus humanistischer Sicht nicht unbedingt empfehlenswert, um es mal vorsichtig auszudrücken (s. auch hier).

Wirtschaftlich gesehen könnten beide Systeme – wenn die gesellschaftlichen Verwerfungen auf Grund des inhumanen Ansatzes nicht zu groß sind – aber trotz unterschiedlicher Herangehensweisen – vielleicht eine V-förmige Konjunkturkurve erreichen. Für die humane, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Europas wird entscheidend sein, wie deren Politiker im Angesicht des geschilderten Gefangenendilemmas durch die Krise führen (nicht „fordern“ oder „managen“!). Denn, wenn sie hier versagen, dürfte sich über kurz oder lang der „menschliche Faktor“ Bahn brechen, also die Bevölkerung – warum und in welchem Ausmaß auch immer – gegen die Einschränkungen aufbegehren – mit unabsehbaren Folgen.

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