Corona – Modelle – alles Quark(s) oder was?

Und wieder lagen die Modellierer falsch. Während die Modellierer des RKI noch am 2. Dezember 2021 für den 22. Dezember eine (ansteigende) Belegung der Intensivbetten mit 5.700 Corona-Patienten voraussagten (hier, S. 15). Tatsächlich aber lag die Zahl der Intensivpatienten am 22. Dezember 2021 aber bei „nur“ 4.474 Patienten (hier, ebenfalls S. 15). Diese Falscheinschätzung (s. dazu die Kritiken von Herrn Gersemann hier und Frau Schröder hier) reihen sich ein in eine immer länger werdende Liste von Fehlprognosen (s. nur hier zu einem Bericht des MDR vom 19. November 2021 über eine Prognose, die bei fehlenden Maßnahmen von in der Spitze bis zu 3,5 Mio. gleichzeitig Infizierten bis Juni 022 ausging – ohne allerdings die jetzt bekannte Omikron-Variante auch nur zu benennen).

Das Problem ist eigentlich nicht, dass Modellierer daneben liegen. So etwa begründete die Leopoldina in einer adhoc-Stellungnahme vom 8. Dezember 2020 ihre Forderung nach einem „harten Lockdown“ über Weihnachten 2020 mit der Annahme, dass dadurch die Inzidenz bis zum 10. Januar 2021 auf deutschlandweit auf 50 fallen sollte (hier). Bekanntlich kam es anders, trotz des auch auf Grundlage dieser Einschätzung der Leopoldina verhängten Lockdowns sanken die Zahlen nicht maßgeblich, bzw. stiegen infolge der zwischenzeitlich dominant auftretenden Delta-Variante sogar, so dass der Lockdown bis Mai 2021 andauerte (s. dazu die Chronologie bei der WiWo, hier, sowie die kritische Auseinandersetzung mit den Grundlagen des Leopoldina-Papiers, hier, aber auch hier). Das Problem ist vielmehr, dass die Modellierer das Zitats des Vaters der Statistik, George Box, „Essentially, all models are wrong, but some are useful“, nicht verinnerlicht haben – und die Politiker, die ihre Meinungen bedingungslos auf diese Modelle stützen, ebenfalls nicht. Denn zum einen hat sich die Datenbasis, auf deren Grundlage die entsprechenden Modelle basieren, auch zum Ende des zweiten Jahres der Pandemie nicht maßgeblich verbessert – wie alleine die Posse um die (bewusst?) falsche Zuordnung von Patienten beweist, die wegen fehlender Testung bei der Aufnahme automatisch als „ungeimpft“ eingestuft wurden (so bislang für Bayern und Hamburg nachgewiesen, s. näher hier, s. aber auch schon zu falschen Zahlen zur Intensivbetten-Belegung bei mir hier).

Die Kritik an Modellen, Modellierern und Datenlage schwillt an, wie nicht nur die obigen, sondern auch die nachfolgenden Fundstellen zeigen:

Antes: https://www.deutschlandfunk.de/wirksamkeit-von-corona-massnahmen-medizinstatistiker-100.html

https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/interview-antes-li.184204

Die fachliche Auswahl  der Experten war immer wieder völlig unangemessen, um für die schwierige Situation geeignete Entscheidungsgrundlagen zu schaffen. In einer Beratersitzung der Bundeskanzlerin saßen zwei Physiker und nur ein Kliniker, der Patienten sieht. Das Problem, das wir haben, ist doch ein medizinisches Problem, ein Public Health-Problem. Es ist ganz sicher kein physikalisches Problem. Genauso haben natürlich auch Virologen ihre Grenzen. Sie sind Laborwissenschaftler und keine Experten für die Übertragungsdynamik oder Apps zur Nachverfolgung.

Müller: https://corona-netzwerk.info/zur-modellierung-der-corona-pandemie-eine-streitschrift/

[…] leider erleben wir in der Corona-Pandemie Modellierung nicht von ihrer besten Seite. Selten gab es in der Geschichte der Wissenschaft eine größere Spannung zwischen dem Geltungsanspruch und der politischen Wirkmächtigkeit von Vorhersagen und dem bemerkenswerten Mangel an Offenheit und Selbstkritik, wenn Vorhersagen sich nicht erfüllten. Diese Einsicht hat allerdings einen schweren Stand, denn es wäre zu peinlich, wenn eminente wissenschaftliche Journale, Wissenschaftsorganisationen, Wissenschaftsjournalisten und nicht zuletzt politische Entscheidungsträger einräumen würden, dass man dem Publikum möglicherweise “Ramschware” verkauft hat.

Übermedien: https://uebermedien.de/66901/das-eigensinnige-wissenschaftsverstaendnis-von-quarks/

Der für ein Wissenschaftsmagazin merkwürdig appellativ-fordernde Tonfall ist in den Social-Media-Auftritten von „Quarks“ beim Thema Corona allerdings üblich: Insbesondere, wenn es um härtere Maßnahmen und Lockdowns geht, entwickelt die Redaktion einen Hang zur Wertung jenseits unmittelbarer wissenschaftlicher Evidenz.

Teil des Problems sind aber nicht nur gewisse Wissenschaftler und Politiker, die aktivistisch ihre eigene Agenda durchdrücken, sondern auch die Medien, die – gerade, wenn ihre kritischen Fragen wichtig wären – selbst entweder sich zum willigen Werkzeug der Aktivisten machen oder sogar selbst dem Aktivismus verfallen, wie Herr Fleischhauer hier gut herausarbeitet. Hoffnung macht allerdings die kritische Analyse von Übermedien über die fragwürdigen Aktivitäten des „Wissenschaftsmagazins“ Quarks vor Weihnachten oben. Hoffen wir, dass zukünftige Maßnahmen nicht nur bei Corona doch wieder evidenzbasiert und nicht nur nach Agenda getroffen werden.

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