Damit in der täglichen Informationsflut das Gesamtbild der wirtschaftlichen Lage nicht so ganz aus dem Blick gerät, habe ich nachfolgend mal ein paar Eckpunkte „festgezurrt“:
- Die Verschuldungssituation in der Welt hat sich seit der Finanzkrise in keinem Bereich verbessert. Beispielhaft für die Verschuldensentwicklung hier mal die des Vereinigten Königreichs – und das steht noch gut da, wenn man sich die Quoten anderer Länder ansieht.
- Diese hohe und stetig wachsende Verschuldung – so meine These – führt zu einer wachsenden Instabilität. Dementsprechen hatte ich letzte Woche etwas zur grundsätzlichen Fragilität der globalen Märkte geschrieben. Auch die Citi-Bank schießt sich scheinbar auf diese These ein.
- In Deutschland ist alles super – wie das Handelsblatt berichtet. So weit, so gut (oder schlecht, wenn man die Qualität der Berichterstattung des Handelsblattes betrachtet). Aber selbst in diesem Handelsblatt-Artikel findet sich schon ein kleiner Hinweis auf die nicht so tolle Lage in den USA: Brenntag hat auf Grund des schwächelnden Nordamerika-Geschäfts einen Gewinneinbruch von 28 % hinnehmen müssen.
- Tatsächlich geht es in den USA aber schon ganz anders zur Sache: So stiegen Im Jahresvergleich die Unternehmens-Insolvenzen im April um 32 % an, die Antragszahlen für das Reorganisationsverfahren Chapter 11 nahmen auf Monatsbasis gar um 51 % zu! Auch die Transportraten in den USA sind seit Monaten rückläufig – der Handelstransport auf Schiene nahm im Monatsvergleich um über 11 % ab, was auf einen Rückgang des Binnenhandels schließen lässt.
- Die US-Daten spiegeln aber eigentlich auch nur die Entwicklung des internationalen Handels wider: der Baltic Dry Index ist nach zwischenzeitlichem Anstieg auf 715 Punkte (27. April) wieder auf 579 (heute) eingebrochen. Der Chinese Containerized Freight Index fällt seit Mitte 2015 beständig und markierte letzte Woche Freitag mit 643 Punkten einen neuen Tiefstand-Rekord. Der Abfall dieser Transportindizes weist auf ein (schnelles) Absinken auch der globalen Handelsaktivitäten hin.
- China wird dieses Mal den Karren nicht aus dem Dreck ziehen: Nachdem verlautbart wurde, dass die chinesische Regierung keine weiteren Stimulus-Maßnahmen plant, brach der Shanghai Composite Börsenindex Kurz danach wurde auch noch eine Ansprache des chinesischen Präsidenten Xi Jinping veröffentlicht, wonach die Überkapazitäten in der chinesischen Wirtschaft abgebaut werden müssten. Selbst Main-Stream-Medien gehen deswegen jezt eher von einer „harten“ Landung Chinas aus.
- Ausgehend von dem oben zitierten Handelsblatt-Artikel fällt in Bezug auf Europa vor allen Dingen der Kontrast zwischen der (wahrgenommenen) Situation in Deutschland und dem Rest des Kontinents ins Auge. So befindet sich die englische Wirtschaft (möglicherweise auf Grund der Brexit-Debatte) in einer Rezession! Italien kommt mit dem Retten seiner Banken gar nicht mehr hinterher – und ist auf das BIP von 1999 zurückgefallen. Frankreich ist im politischen Chaos, genau so, wie Spanien. Spanien und Portugal sollen jetzt erstmal für ihre Defizitsünden bestraft werden. Na, das wird ja das Wirtschaftswachstum erst recht ankurbeln. Ach so, ganz vergessen – Griechenland braucht natürlich auch wieder Geld…. Und – war da nicht noch was? Stimmt, die Flüchtlinge. Derzeit konzentrieren sich die Betrachtungen eher auf die Regelungen mit der Türkei zur Abschottung Europas. Dabei wird zum einen übersehen, dass die Flüchtlinge auch andere Routen nehmen könnten oder dass die jetzt schon hier lebenden Flüchtlinge ja auch weiter betreut werden müssen.
Mehr und mehr kristallisiert sich damit nach den „Rollercoastern“ in den letzten Monaten eine rezessive Tendenz der gesamten globalen Wirtschaft heraus – die Deutschland als nach wie vor stark exportorientierte Nation mit zeitlicher Verzögerung ebenfalls treffen wird.
Die Frage ist, ob die (politischen) Entscheidungsträger diese Risiken – anders als in der Finanzkrise ab 2007 sehen – und danach handeln, oder ob es wieder heißen wird: „das konnte keiner kommen sehen.“