Auch am heutigen Freitach gibt es wieder einen „Long Read“, diesmal verlinke ich zusätzlich zu anderen Meldungen verschiedene Analysen Dritter zum Krieg in der UKR.
Lage: https://twitter.com/DefenceHQ/status/1507113449494659080
Das ist ein Brett: UKR Kräfte starten Gegenangriffe gegen die RUS Truppen, könnten möglicherweise sogar Nachschublinien abschneiden. Auch diese Bewertung würde ich immer noch mit viel Vorsicht genießen, aber die Tendenz, dass die UKR Kräfte wortwörtlich „Boden gut machen“, scheint sich zu verstetigen.
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/bundeswehr-beschaffung-tanker-101.html
„Die bis 2027 geplante Aufstellung einer Division des Deutschen Heeres wird vorgezogen. Sie soll zwei Jahre früher, bereits im Jahr 2025, voll ausgestattet sein.“ (ESUT)
Eine Division verfügt je nach Ausgestaltung über rund 12.000 Soldaten (nach Wikipedia 10.000 – 30.000 Soldaten, hier). Mithin soll die Bundeswehr bis 2025 über 12.000 (sofort) einsatzfähige, voll ausgestattete Soldaten im Heer verfügen. Ich glaube, dies sagt mehr über die derzeitige und zukünftige Einsatzfähigkeit der Bundeswehr aus, als viele Folien. Die weitere Frage ist, wie dann mit dem weiteren Aufwuchs laut „Bühler-Papier“ (s. Post aus „Augengeradeaus“) verfahren werden soll.
Und die deutsche Marine schafft es nicht nur, Euro 130 Mio. für die Restaurierung eines Segelschiffs zu versenken (pun intended), sondern auch noch gleich so rund Euro 250 Mio. (Millionen!) zu viel für zwei (2!) Tankschiffe auszugeben (s. Tagesschau).
Letzteres Beispiel verdeutlicht, dass die Bundeswehr nicht schlicht „kaputtgespart“ wurde. So ist die bürokratische Sklerose, die ansonsten Deutschland mit der „Friedensdividende“ befallen hat, ist auch an der Bundeswehr nicht spurlos vorbeigegangen, wie Herr Anpalagan treffend herausarbeitet.
Wie Die Welt angesichts dieser Zustände auf die Schlagzeile „Für Europa kommt es jetzt auf das deutsche Heer an“ kommt, wird ihr Rätsel bleiben.
Blick auf Deutschland: https://twitter.com/MelnykAndrij/status/1506527726311718914
https://zeitung.faz.net/faz/feuilleton/2022-03-22/c72d74cc28945fe8bbba40492142fbdc/?GEPC=s1 (Danke Ralph)
An Hand des Umgangs mit dem UKR Botschafter in Deutschland kann man die Arroganz der Deutschen ablesen. Noch peinlicher wird es, wenn man verfolgt, wie hämisch sich der damalige Außenminister Heiko Maas über Herrn Trump lustig machte, als dieser vor einer Abhängigkeit Deutschlands von RUS Öl warnte (hier). Dann wundert einen der durchaus kritische Blick (hier eine polnische Expertin) auf Deutschland gar nicht mehr. Eher wundert man sich, dass da nicht noch ganz andere Auftritte kommen.
Analysen anderer: https://octavian.substack.com/p/why-russia-is-losing-get-david-petraeus?s=r
Ex-General Petraeus fasst die Lage und das epochale Versagen der RUS Streitkräfte bei Angriff militärisch kühl zusammen. Auch wenn sich das pervers anhört: Wir können von Glück reden, dass Herr Putin schon gar nicht versucht hat, seine Absichten durch irgendwelche „False Flags“ zu verschleiern – und sich damit selbst eindeutig in die Ecke „des Bösen“ gestellt hat und die RUS Truppen jetzt dermaßen scheitern. Über die langfristigen Konsequenzen sagt das wenig.
„I fail to see in current Western strategizing any real recognition of how badly this war could go for Ukraine in the coming weeks.“ – Niall Ferguson ersetzt mit diesem Artikel ein komplettes Red Team. Die derzeitige Euphorie ist echt kaum auszuhalten. Der Krieg ist erst vorbei, wenn Herr Putin nicht mehr an der Macht ist UND die RUS Truppen die UKR verlassen haben. Das sollten wir nie vergessen. Und die FAZ sieht es ähnlich (hier, Danke Ralph)
Aber ob deswegen tatsächlich gleich Nato oder die EU aktiv in den Konflikt eingreifen sollten? Die FAZ sieht das nicht so (hier, Danke, Ralph)
„Je länger der Krieg dauert, desto stärker ist die Ukraine im Vorteil. Sie muss den Krieg nicht gewinnen, sie muss ihn nur in die Länge ziehen.“ Insgesamt gute Analyse von Herrn Keupp, aber ob – auch vor dem Hintergrund der Erwägungen von Herrn Ferguson oben – die UKR tatsächlich in der Lage ist, den Krieg in die Länge zu ziehen, wird man sehen.
Diesen Post schrieb Ex-General Hodges am 15. März 2022 – die „entscheidenden zehn Tage“ sind nun rum. Schaut man sich das Intel-Briefing der Brits an, könnte er Recht gehabt haben und die UKR hätte ihre Chance genutzt.
BdL: Während man sich in Deutschland vorrangig noch fragt, ob ein Angriff auf die Nato (mit ABC-Waffen?) droht, scheint diese Frage in der internationalen Diskussion nicht ganz so prioritär zu sein. Und wenn dann im Zusammenhang mit der Frage, ob man als „Westen“ aktiv in den Konflikt eingreifen sollte. Aber auch sonst ist Deutschland nicht nur bei der Lieferung von Waffen (s. dazu gestern hier) weit hinter anderen westlichen Ländern zurück. Sowohl die „Zeitenwende“ muss noch in der Bundeswehr ankommen, als auch die deutsche Politik noch lernen, dass sie schon zu viel diplomatisches Geschirr zerschlagen hat, um sich anmaßen zu können, Haltungsnoten an Diplomaten von Staaten zu vergeben, die um ihr Überleben kämpfen. Allgemein ist in Berlin wenig vom Krieg zu spüren, wenn man sich ihm denn entziehen will. Und das tun die meisten. Hier ist kein Gefühlt der Dringlichkeit und der Not. Das wird sich noch rächen. Zumindest langfristig.
In der internationalen Debatte dagegen wird gar nicht mehr über einen RUS Sieg diskutiert (bedenklich?), sondern nur, ob der Krieg noch lange dauert oder nicht – und welche Opfer beide Seiten zu bringen bereit sind, bevor sie verhandeln. Und dann ist die Frage, ob wir in ein 1919 (Versailles)-Szenario reinlaufen, bei dem im RUS Volk der Hass für einen „zweiten Anlauf“ gesät wird oder ein 1945 Szenario – mit „Regime Change“. Oder etwas dazwischen.
Spruch des Tages: „Deutschland ist ein schönes Land – mit Dörfern wie Juwelen und zerbombten Stadtruinen –, und wird von Schizophrenen bewohnt.“ – Lee Miller
Keep Calm & Carry on
-tz
& BTW: Путин, иди на хуй!