Morning Briefing – 15. September 2020 – Wirtschaftskriminalitäts-Special

Guten Morgen, 

Die immer schneller Schlagzahl, mit der ich an dieser Stelle Wirtschaftskriminalitäts-Special veröffentliche (zuletzt hier und allgemein hier) ist ein Indiz dafür, dass DIE Wirtschaftskrise jetzt wirklich da ist (das meinte ich zwar auch schon vor viereinhalb Jahren (hier), aber wir wollen ja mal nicht zu kleinlich sein…).  

Heute mal eine kleine, nette Auswahl an neuen „schönen“ Fällen (keine Bange, das nächste Specia mit den guten alten Bekannten (Wirecard, Cum Ex, etc.) ist auch schon in Vorbereitung):   

German Property Grouphttps://www.juve.de/nachrichten/namenundnachrichten/2020/07/insolvenz-verwalterin-goerg-muss-bei-der-german-property-group-viel-aufklaeren  

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/verdacht-auf-anlagebetrug-bei-german-property-group-16900293.html

Ach ne, nen Kapitalanlagebetrug – und keiner fühlte sich mal wieder zuständig….. 

Dillinger Hüttehttps://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand/familienunternehmer/korruptionsprozess-skandal-um-die-dillinger-huette-angeklagte-sollen-millionen-auftraege-verschoben-haben/26126942.html 

https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/blickzumnachbarn/prozess-um-schmiergeldzahlungen-bei-dillinger-huette-begonnen_aid-53014639

Korruption? Kennen wir in Deutschland doch gar nicht…. 

Nikolahttps://www.n-tv.de/wirtschaft/Lkw-Startup-Nikola-angeblich-blosser-Betrug-article22035691.html  

https://www.zerohedge.com/markets/nikola-shares-tumble-after-company-issues-second-response-admits-nikola-one-semi-was-not

Wie, nicht Tesla ist nen Fake, sondern Nikola? Na denn…. 

Fazit: Nach und neben Wirecard und P&R kommen in Deutschland immer mehr betrügerische Geschäftsmodelle ans Tageslicht. Solche Fälle würden für sich genommen zunächst nur einen dunklen Schatten auf das Strahler-Image der deutschen Wirtschaft werfen. ABER, das sind ja nur die kleinen Fische neben dem Dieselskandal (bei dem Daimler in den USA stickum Euro 1,9 Mrd. zahlt, um das Thema zu erledigen (hier)). Und Cum Ex und Wirecard zeigen, dass „der Staat“ nicht eben der hellste ist, wenn es um die Aufklärung solcher Taten geht. Und dieses kriminelle Verhalten dürfte weit tiefere Spuren hinterlassen, als so ein paar „übliche“ „White-Collar-Crimes“. Und dann hoffen wir mal, dass wir nach Wirecard nicht noch irgendwo das nächste deutsche „Nikola“ versteckt haben. 

Historisch2006: Französische Behörden verhaften drei Österreicher: Helmut Elsner, den ehemaligen Generaldirektor der österreichischen BAWAG, unter dem Vorwurf der Untreue, und während einer Pressekonferenz in Monte-Carlo die Vorstandsmitglieder des österreichischen Internet-Wettanbieters BwinManfred Bodner und Norbert Teufelberger. Diesen wird die Organisation illegalen Glücksspiels vorgeworfen. (Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/15._September) 

Keep calm and carry on!  

-tz  

2 Gedanken zu „Morning Briefing – 15. September 2020 – Wirtschaftskriminalitäts-Special“

  1. Herr Beissenhirtz,
    wie immer sehr direkt geschrieben, aber nur sachlich gemeint.

    Ihr Fazit zu Wirtschaftskriminalität:
    „kommen in Deutschland immer mehr betrügerische Geschäftsmodelle ans Tageslicht“ und „dass „der Staat“ nicht eben der hellste ist, wenn es um die Aufklärung solcher Taten geht“ sowie „Und dann hoffen wir mal …“.

    Sind Sie davon überzeugt, dass es für einen Mann wie Sie, mit Abschluss in Wirtschaft und Jura, genügt, in einem Land das sich „das Land der Dichter und Denker“ nennt, diese Straftaten einfach aufzuzählen? Sie gehören zu diesen Denkern dazu.

    (Das detaillierte Aufzählen mit Zahlen und allem was dazugehört macht kpmg jährlich und gratis.)

    Ich behaupte es genügt nicht, wenn man bedenkt, dass es unzählige Opfer gibt die in Treu und Glauben an Recht geglaubt haben. An wem sollen sich diese Opfer, die diese Ausbildungen nicht genossen haben, festhalten, wenn nicht an Personen die davon etwas verstehen wie Sie? Und nein, ich erwarte nicht, dass Sie Staatsanwalt spielen.

    Lassen wir die soziologische Seite weg, wonach Menschen eher darüber sprechen und sich lustig machen und nur Kompetenz anmelden, statt diese Kompetenz auch zum Ausdruck zu bringen. Jeder Mensch ist hier irgendwie gehemmt – nicht zuletzt um die Arbeit oder den Lehrstuhl nicht zu verlieren.

    Wenn Sie aber einmal wirklich zu Ende denken, was glauben Sie, woran liegt der Fehler, dass solche Machenschaften geschehen können und nicht unterbunden werden? Immerhin geht es um Multimilliarden an Volksvermögen und bösen Menschen die ihren Lebenswandel selbst beim schwersten Wirtschaftskriminaldelikt nicht ändern müssen – und immer auf Kosten Dritter.

    Ganz zu Ende gedacht, woran liegt es?

    Wer trägt die Verantwortung, dass das Gesetzeswerk in Deutschland vollständig ist, der Verfassung entspricht und die Rechte der Bürger geschützt werden?

    Verfassungsrichter

    Sie haben das Bundesverfassungsgerichtsgesetz bestimmt gelesen. Die Macht der Richter ist dermassen gross, dass es keine Beschwerde dazu braucht um aktiv werden zu können. Und wären diese Richter dermassen gerechtigkeitsbewusst wie sie sich kleiden, könnten sie als Bürger sogar selbst Verfassungsbeschwerde einreichen. Sie tun es nicht. Sie halten es auch nicht für nötig zu verfügen, dass z.B. gefundene Ungereimtheiten durch Wirtschaftsprüfer zur Anzeige gebracht werden müssen. Ganz abgesehen davon was die Bafin betrifft. Und alle, wirklich alle, lassen sich noch dafür bezahlen.

    Eine Klage ist um Welten effizienter als die schnellste und ausgeklügelste Volksinitiative in der Schweiz – die bekanntlich kein Verfassungsgerich hat. Warum tun Sie es nicht?

    Für die Reputation des Staates Deutschland sind Verfassungsrichter verantwortlich. Und nur sie, weil sie alleine das letzte Wort haben. Die Zeiten bevor Luther die Bibel ins Deutsche übersetzt hat, haben sich nicht gross geändert – der Ablasshandel blüht. Die wirklichen Täter, nicht der Tat selbst, sondern des Systems das diese erlaubt, sind oft dort zu suchen, wo man sie überhaupt nicht erwartet.

    Es genügt beim Lesen des nächsten Artikels dies im Auge zu behalten. Dann lautet das Verdikt nicht mehr „Ceep calm and carry on“ sondern „Get a shock and carry on“.

    1. Guten Tag, Herr Leutwyler, vielen Dank zunächst für Ihre aufmerksame Lektüre meiner Posts und Ihre Anmerkungen. Zur Erläuterung, dies ist ein Blog, auf dem ich tatsächlich zum Teil lediglich chronologisch aufliste. Daraus ist das Morning Briefing entstanden, denn meine Listen abzuarbeitender Themen ist ellenlang und ich komme neben meiner Arbeit – dazu gleich – häufig leider nicht dazu, in Themen wirklich tief einzusteigen. Das Morning Briefing ist deswegen mein Archiv, dass ich mit meinen Lesern teile und auf das ich hoffentlich irgendwann vertieft zurückgreifen kann.

      Was die Wirtschaftskriminalität angeht, bin ich neben meinem Blog als Anwalt ziemlich aktiv in der Bekämpfung derselben. Da können einige Kriminalbeamte ein Lied von Singen. ist natürlich nicht das Niveau von Wirecard, aber ich trage mein kleines Scherflein bei.

      Was die Verfassungsrichter angeht: Diese sind immer nur REAKTIV tätig und können „nur“ entscheiden, ob ein Akt gegen Gesetze verstößt oder nicht. Das heißt nicht, dass sie nicht auch eine tragende Rolle spielen würden, aber vorher wären doch mal die Gesetzgeber gefragt und vielleicht auch die Bevölkerung, die die Sinnhaftigkeit bestimmter Gesetze diskutiert. Auch ich bin unzufrieden mit vielen Entscheidungen der Verfassungsrichter – aber eher im Bereich des Euro oder der EU – eher weniger bei Entscheidungen im Strafrecht. Allerdings wirkt die aktuelle Rechtsprechung zu Untreue tatsächlich eher als Verhinderer von Verurteilungen gerade bei vermögenden Straftätern, die sich gute Anwälte leisten können. Das führt dann zu so „kranken“ Initiativen, wie dem Verbandssanktionsgesetz (s. dazu mehr bei beissenhirtz.com).

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