Vergiss TTIP – Achte auf CETA!

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Hirsch – sei wachsam! Mag man da nur sagen: Während sich alle Augen auf die (Verhinderung von) TTIP richten, kommen die Wirkung dieses Freihandelsabkommens unabhängig von seinem Abschluss vielleicht schon bald durch die Hintertür – nämlich in Form eines Freihandelsabkommens mit Canada (CETA) – und scheinbar versucht die EU-Kommission die Ratifizierung an sich zu ziehen und nationale Parlamente auszuschließen.

Anläßlich der Eröffnung der Hannover-Messe haben ja wieder POTUS (Codename des US-Präsidenten) und Angie (Kosename für unsere Bundekanzlerin) für TTIP geworben. Am Ende dieser Woche dann (ein Schelm wer böses bei diesem engen zeitlichen Zusammenhang denkt) setzen die USofA dann Deutschland (neben China, Japan und Südkorea) auf eine Beobachtungliste, wie Die Welt und Zerohedge übereinstimmend berichten.

Und auch sonst scheinen die Verhandlungen nicht ganz so ohne Druck zu verlaufen: Greenpeace will nunmehr geleakte Dokumente veröffentlichen, die beweisen sollen, dass die USA Druck auf die EU zur Senkung von Umweltstandards ausüben. Derweil überbietet sich Die Welt wieder einmal in Publikumsbeschimpfungen, um das aus ihrer Sicht so wichtige TTIP zu „retten“.

Aber, was ist da eigentlich zu „retten“? Auch als Jurist habe ich bislang eigentlich die Verhandlungen über TTIP nur am Rande verfolgt (und mich natürlich über „Chlorhühnchen“ und Intransparenz aufgeregt). Dann habe ich mal nach Hintergründen recherchiert und bin dabei auf eine diesbezüglich gut bestückte ARD Mediathek gestoßen. Daraus habe ich habe mir dann mal „Was bringt TTIP? Das Handelsabkommen auf dem Prüfstand„, eine Sendung des SWR, angeschaut.

Zwar wirkte die Sendung etwas „altbacken“, aber sie bot doch einen ingesamt guten Überblick, aus dem ich folgende Punkte herausstellen würde:

  • Ausschluss der Öffentlichkeit bei den Verhandlungen: ist wohl eher dem „usus“ solcher Verhandlungen geschuldet, wurde auch früher so gemacht, wird heute selbst von den Protagonisten als unglücklich bezeichnet und ist eigentlich nicht tragbar
  • Lobbyeinfluss: Laut Aussagen in der Sendung fanden zu TTIP diverse Treffen der EU-Kommission mit Interessenvertretern statt – die Quote ist aber erschreckend: 88% der Treffen der EU-Kommission fanden mit Lobbyisten und nur 9% mit Verbraucherschutzorgansiationen statt (Wer waren die restlichen 3%?). Der Lobbyeinfluss ist eigentlich nicht hinnehmbar, insbesondere, wenn er unter Geheimhaltung abläuft.
  • Kritisch ist auch der sog. „Investorenschutz“ zu sehen, der sich nicht nur in den bereits bekannten Schiedsgerichten (dazu unten noch) erschöpft, sondern schon Vorwirkungen durch den sog. „Rat für regulatorische Kooperation“ zeitigt. In diesem Gremium sollen Lobby-Vertreter sitzen und nationale Gesetzesvorhaben auf Vereinbarkeit mit TTIP prüfen. Das als „Unterwanderung des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips“ zu bezeichnen, dürfte noch untertrieben sein.
  • Schiedsgerichte: Hier wurde deutlich, warum die Amerikaner so sehr auf diesem (in den USA verorteten) Mechanismus zur Streitschlichtung bestehen: Sie wurden schlicht dort noch nie zur Zahlung verurteilt! Aus unerfindlichen Gründen kämpft die Bundesregierung wohl für die Beibehaltung der Schiedsgerichte im Abkommen.
  • Auch von den anfänglich versprochenen 2 Millionen neuen Arbeitsplätzen, die durch TTIP entstehen sollen, bleiben nach neuesten Berichten wohl nicht viele übrig. Der wirtschaftliche Vorteil für beide Seiten wird als durchaus überschaubar bezeichnet.

Erst am Ende des Beitrages kam dann aber der eigentliche Hammer: Selbst wenn TTIP scheitern sollte, besteht die Gefahr, dass Konzerne über das CETA dieselben „Rechte“ wie beim TTIP durchsetzen können. Denn im Grundsatz enthält CETA dieselben Regelungen, wie TTIP – und interessiertet US-Unternehmen müssten nur über ihre (dann noch zu errichtende) kanadische Niederlassung ihre Rechte geltend machen!

Und: CETA ist durch – es wurde sogar schon von Kanada ratifiziert. Es steht lediglich noch die Zustimmung Europas aus. Aber wer in Europa ist zuständig? Die EU-Kommission, das EU-Parlament oder die nationalen Parlemente. Auch hier wieder reklamiert die EU-Kommission die Rechte für sich, warum wohl? Angesichts dieses augenscheinlich nicht auf einen breiten Konsens gerichteten Verhaltens müssen sich die EU-Institutionen über die nationale Europa-Müdigkeit jedenfalls nicht wundern.

 

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