Deutschland hat seine Sicherheit an die USA ausgelagert,
seinen Energiebedarf an Russland und
sein exportbedingtes Wirtschaftswachstum an China.“
Constanze Stelzenmüller, hier
Mehr noch als in den – teils coronageschwängerten – Vorjahren gerät der Blick in die Gaskugel bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in 2023 zum angestrengten Stochern im Nebel. Zu viele Faktoren können die Entwicklung in die eine oder andere Richtung treiben. Aber selbst wenn 2023 positiver verläuft als gedacht – moderates Wirtschaftswachstum bei nachlassender Inflation – so stehen die Zeichen für die Jahre danach nicht positiv. Wie der nachfolgende Post zeigen wird, hat sich Deutschland in etwas über zwanzig Jahren – zumindest, was politische Zielsetzung und wirtschaftliche Resilienz angeht – lediglich einmal im Kreis gedreht – ohne die damaligen Probleme nachhaltig zu lösen.
1. Die wirtschaftliche Entwicklung in 2022…
Zunächst bleibt allerdings festzuhalten, dass die deutsche Wirtschaft im Jahre 2022 trotz noch vorhandener Corona-Auswirkungen, den Folgen des rechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine und der daraus insbesondere im Bereich der Energieversorgung resultierenden Konsequenzen immerhin um 1,9% gewachsen ist (hier, s. zur jeweils aktuellen Entwicklung hier). Das liegt zwar weit unterhalb der von den Experten vorausgesagten Wachstumsraten von 3,5% bis 4,9% (hier, S. 394 bzw. 10 des pdf), ist aber angesichts der vorgenannten negativen Einwirkungen auf das Wachstum schon nicht schlecht.
2. …war schuldengetrieben…
Allerdings dürfte ein nicht geringer Teil dieses Wachstums durch neue Schulden erkauft worden sein. Bereits die offiziell angegebene Neuverschuldung für 2022 iHv. Euro 115,4 Mrd. (hier) war die dritthöchsten Neuverschuldung, die der Bund jemals zu verzeichnen hatte (hier). Dazu kommen aber noch Euro 300 Mrd. für sog. „Sondervermögen“, etwa für die Ausstattung der Bundeswehr. Die effektive Verschuldung des Bundes stieg damit in 2022 um Euro 415,4 Mrd. – bei einem Haushaltsvolumen von Euro 476 Mrd. (hier).
Und der Staatshaushalt wächst unermüdlich, von knapp unter Euro 300 Mrd. im Jahre 2015 um mehr als die Hälfte auf die nunmehr genannten Euro 476 Mrd. (hier). Im gleichen Zeitraum sind die Steuereinnahmen aber nur von Euro 673 Mrd. auf Euro 833 Mrd. gestiegen (hier), also um rund 25%, wobei die mittlerweile vielleicht sogar inflationsgetriebene (s. sogleich unten zum Thema der Löhne und Gehälter) sog. „kalte Progression“ dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen dürfte. Angesichts dieser sprudelnden Einnahmen und bislang noch nicht ins Gewicht fallenden Kosten für die Verschuldung (s. aber hier) ist nicht nur für Herrn Lindner die Aufblähung des Staatshaushalts derzeit ein einfacher Weg, konfliktreichen Entscheidungen aus dem Weg zu gehen.
3. …und hat die Staatsquote nach oben getrieben.
Nicht ganz unerwartet dürfte der in der Neuverschuldung auch enthaltene „Doppelwumms“ der Bundesregierung (Originalton Herr Scholz, hier) damit eine nicht geringe Rolle beim Anstieg der Staatsquote auf über 50% (hier) gespielt haben. Das „Das 3-mal-40-Programm“ von Herrn Stoiber aus dem Wahlkampf 2002/2003, dass u.a. eine Staatsquote von „nur“ 40% vorsah (hier) erscheint da wie ein Traum aus einer alten für eine bessere Welt. Angesichts der aktuellen Entwicklung gerade wirtschaftlicher Basisdaten erscheint es zudem nicht unwahrscheinlich, dass sich die Staatsquote in den nächsten Jahren weiter steigern wird – dürfte die Politik doch besorgt darum sein, die „Wohlstandsillusion“ (Daniel Stelter) durch Ausweitung der Staatsquote zum Ausgleich der schwindenden „Wirtschaftsquote“ aufrecht zu erhalten.
4. Das Wirtschaftswachstum in 2023 bleibt mau…
Glaubt man den Auguren der Wirtschaftsforschungsinstitute, so dürfte die deutsche Wirtschaft nämlich in 2023 bestenfalls um 0,3% wachsen (IfW Kiel, aber die lagen auch schon 2022 total daneben) und schlechtestenfalls um -0,75% (IW Köln) schrumpfen (hier). Die deutschen Banker sehen dagegen deutlich düsterer in die Zukunft, ihre Spanne reicht von -0,5% (Commerzbank) bis zu -1,9% (DZ-Bank, s. hier, pdf S. 34, die DZ-Bank schaut aktuell aber deutlich optimistischer in die Zukunft, hier).
5. …und könnte in den Folgejahren noch mauer werden.
Fast unabhängig davon, wie sich die deutsche Wirtschaft in 2023 tatsächlich entwickeln wird, zeigen langfristigere Indikatoren zudem einen deutlichen Abwärtstrend an: So schneidet Deutschland bei der Innovationskraft im internationalen Vergleich mittelmäßig ab, wie die Welt hier vermeldet (s. auch hier). Auf Grund der Energiekrise deutete sich bereits Anfang November 2022 an, dass nicht wenige produzierende deutsche Unternehmen dem Land den Rücken zuwenden könnten (hier). Aktuelle – stark abfallende – Produktionszahlen energieintensiver Industriezweige (hier, Grafik 6) lassen zumindest die Deutung zu, dass sich die deutsche Industrie nicht nur auf Panikmache beschränkte, wie der mittlerweile zuverlässige Kontraindikator Herr Fratscher noch Ende Dezember 2022 behauptete (hier). Wenn selbst der wohl einer übermäßigen Kapitalismus-Freundlichkeit nicht gerade verdächtige DGB vor einer De-Industrialisierung Deutschlands warnt (hier), dürfte dieses Thema vielmehr ein Schlüsselthema des restlichen Jahrzehnts sein. Denn bereits jetzt wird Deutschland beim internationalen Standortranking nach unten durchgereicht (hier).
6. Die „Wohlstandsillusion“ der Deutschen droht zu platzen,…
Dass diese Entwicklungen den bislang coronabedingten leichten Dämpfer im nationalen Wohlstandsindex der Deutschen (hier) zu einem Absturz ausweiten könnten, erscheint deswegen nicht fernliegend. So mussten die Deutschen im letzten Jahr bereits den dritten Reallohnverlust in Folge hinnehmen, obwohl die Löhne im Rekordtempo stiegen (hier). Erschwerend kommt hinzu, dass von den (zukünftig) erhöhten Gehältern bei den Arbeitnehmern in Deutschland im europaweiten Vergleich besonders wenig ankommt (hier, vertieft hier). Sprich, wir haben gleichzeitig das höchste Arbeitgeberbrutto und das niedrigste Arbeitnehmernetto in Europa – nicht mal die Schweiz oder Luxemburg schneiden so schlecht ab (erneut hier). Und dazu kommt, dass die Steuerlast der Spitzenverdienern weitaus höher ist, als bei den unteren 50% der Steuerpflichtigen – die oberen 50% zahlen 93,9% der Einkommenssteuern, die unteren 50% lediglich 6,1% (hier). Und in dieser Situation rufen die (neu besetzten) Wirtschaftsweisen nach Steuererhöhungen für die oberen Einkommensbezieher (hier und hier)? Schon bislang waren die Wirtschaftsweisen ja nicht die größten Prognostiker unter der Sonne (hier), aber angesichts der zuvor dargestellten Staatsquote und der daraus resultierenden Diskrepanz zwischen Brutto- und Nettolohn im Angesicht einer heraufziehenden Rezession nach Steuererhöhungen zu rufen, ist nicht „weise“, um es mal diplomatisch auszudrücken. Vielleicht sollten diese führenden Wirtschaftswissenschaftler mal ein Auge auf die Ausgabenseite werfen, nur so ein Gedanke. Denn, wie schreibt das ifw Kiel so schön? „Umverteilungsausgaben dominieren den Bundeshaushalt“ (hier). Gleichzeitig haben Analysen ergeben, dass der Staat seit Jahren stetig weniger in Zukunftsprojekte investiert (hier), sprich Konsum geht vor Aufbau. Und damit schließt sich dann der Kreis (oder die Abwärtsspirale, je nach Sichtweise): Denn die fehlenden Investitionen werden die oben genannte absinkende Innovationsfähigkeit Deutschlands weiter fallen lassen – und Kontra-Anreize, wie etwa höhere Steuern, werden diesen Trend beschleunigen. Und der Staat dürfte – zur Aufrechterhaltung der Wohlstandsillusion – dann mit weiteren Umverteilungsprogrammen „nachsteuern“. Was dann zur Beschleunigung der Abwärtsspirale führt, usw.
7. …auch wegen inflationstreibender Hilfsprogramme.
Dieses „Nachsteuern“ dürfte zudem ein anderes in 2022 wieder brandaktuelles Thema „befeuern“: Die Inflation (s. zum jeweiligen aktuellen Stand hier). Zwar ist die Inflationsrate in Deutschland zum Jahreswechsel wieder in den einstelligen Bereich gefallen, aber Grund zur Entwarnung ist das nicht. Die Auguren der Banken (s. oben bei den Nachweisen zum Wirtschaftswachstum) gehen denn auch allesamt von einer Inflationsrate jenseits der 5% für 2023 aus. Das ist Lichtjahre entfernt vom Stabilitätsziel der EZB. Und selbst das Erreichen dieser Inflationsrate dürft davon abhängen, dass nicht ein weiterer schwarzer Schwan am Firmament erscheint. Dementsprechend kann der Wert der Aussage des Chefs der Bundesnetzagentur, Müller, dass er keine Gasmangellage für diesen Winter mehr befürchtet (hier), gar nicht hoch genug bewertet werden. Aber obwohl der Ölpreis längst wieder auf das Vorkriegsniveau gefallen ist (hier), zahlen wir an der Tankstelle immer noch höhere Preise als im Januar 2022 (hier). Ob dieser höhere Preis – wie auch andere hohe Preise – mit einer „Greedflation“ zusammenhängen, wie Herr Müller (hier, der vom Spiegel, nicht der von der Netzagentur) behauptet, sprich die aktuellen Inflationsraten mehr vom Gewinnstreben der Unternehmen, denn (noch) tatsächlichen Preissteigerungen bei Energie, Rohstoffen und Vorprodukten getragen wird, kann ich nicht beurteilen. Ausschließen würde ich es nicht. Sollte dies zutreffen, könnten die – gerade in Deutschland erneut mit der Gießkanne ausgeschütteten – Staatshilfen wieder eher den Unternehmen, denn den Bedürftigen zukommen. Gleichzeitig dürfte die expansive FISKAL-Politik die nun endlich restriktivere GELD-Politik der EZB konterkarieren. Sprich, während die EZB inflationssenkend agiert, geriert sich die Bundesregierung inflationstreibend (s. dazu auch hier).
Und die – von Herrn Fratzscher (hier) natürlich bestrittenen – Zweitrundeneffekte stehen nun ebenfalls vor der Tür. Zwar mag die Tarifforderung der Postgewerkschaft iHv. 15% (hier) herausragen, aber andere Branchen stehen nicht so weit zurück (hier). Diese inflationsgetriebene Lohn-Preis-Spirale dürfte durch den gerade mit voller Wucht auf die deutsche Wirtschaft treffenden demographischen Wandel noch weiter beschleunigt werden: Einerseits gehen immer mehr Beschäftigte in Rente und belasten damit die Sozialsysteme (hier und hier), auch wenn die Rentenversicherung in 2022 (coronabedingt) in 2022 einen Überschuss generierte (hier). Andererseits streben immer weniger Junge ins Erwerbsleben (hier). Die wenigen, die kommen, können ihre Bedingungen diktieren. Ein auskömmlicher Lohn (s. zum Durchschnittsverdienst s. hier) jenseits der Inflationsraten dürfte da nur ein Faktor sein. Sprich, auch hier lauern Treiber, die die Inflationsrate vielleicht nicht gleich auf die Raten von 1923 bringen, aber zumindest noch weit oberhalb der 5% belassen können.
8. Die deutsche Wirtschaft ist zweigeteilt,…
Aber nicht nur die Lohn- und Gehaltsforderungen werden – wie die nach wie vor hohen Energiekosten (hier) – der deutschen Industrie in 2023 zu schaffen machen, die sich derzeit aber anscheinend genau so teilt, wie der Rest der deutschen Gesellschaft: Da gibt es die DAX-Unternehmen, wie etwa Siemens, die trotz (oder vielleicht sogar wegen?) der Multi-Krisen von Rekord zu Rekord eilen (hier). Dagegen scheint es dem deutschen Mittelstand nach der Pandemie nicht allzu gut zu gehen (hier, s. auch hier). Die Frage ist, ob sich diese hier nur grob skizzierte Zweiteilung in 2023 tatsächlich weiter akzentuieren wird oder ob sich der deutsche Mittelstand behaupten kann. Denn einige der DAX-Unternehmen haben durchaus Leichen im Keller, wie z.B. überhöhte Firmenwerte (hier), zu hohe Verschuldung (hier, Daten aus dem letzten Jahr), die Abhängigkeit vom China-Geschäft (beispielsweise BASF, hier) oder auch die Sirenengesänge der USA (hier) – die gerade vor dem Hintergrund einer immer dirigistischer re(a)gierenden Politik in Bund und EU (s. näher dazu hier, hier und hier) durchaus bezirzend wirken dürfte. Schließlich dürfte die im Zuge der anziehenden Leitzins-Politik erwartungsgemäß anziehende Kredithürde (hier) zudem nicht nur der deutschen Bauwirtschaft (hier) über das Jahr übel mitspielen.
9. …was aber auch eine Chance sein könnte.
Aber, so wie vormals die starke D-Mark die deutsche Wirtschaft von Innovation zu Innovation trieb, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, so könnte nun Inflation und Energieknappheit den deutschen (produzierenden) Unternehmen einen Innovations- und Effizienzschub verpassen (s. dazu hier mit einem selten guten Kommentar das HB, sehr gut aber auch Herr Müller vom Spiegel, hier; LESEN!). Teilweise scheint dieser Schub schon stattgefunden zu haben (hier). Aber ob das tatsächlich schon zu einem „Sommermärchen“ reicht, wie der Focus meint (hier)? Kann sein, das wäre aber angesichts der bestehenden Strukturprobleme wohl eher ein auf den zahlreichen Hilfsprogrammen gezündetes Strohfeuer. Zu sehr hat sich Deutschland in den letzten zehn Jahren in Richtung der von Frau Stelzenmüller zutreffend beschriebenen falschen Richtung entwickelt, als dass solche eine Fehlentwicklung in einem Sommer korrigiert werden könnte. Deutschland wird sich auf seine Stärken besinnen – z. B. den Mittelstand mit seinen zahllosen „Hidden Champions“ (s. aktuell hier, S. 8 des pdf) – seine Infrastruktur kontinuierlich sanieren und weiterentwickeln und der Bevölkerung jenseits von Bürgergeld, Haltung und Verzicht eine Perspektive geben müssen, will es auch am Ende der zwanziger Jahre des 21. Jhdts. noch eine Rolle spielen.
Fazit: Die wirtschaftliche Entwicklung in 2022 war schuldengetrieben und hat die Staatsquote nach oben getrieben. Das Wirtschaftswachstum in 2023 bleibt mau und könnte in den Folgejahren noch mauer werden. Die „Wohlstandsillusion“ der Deutschen droht zu platzen, auch wegen inflationstreibender Hilfsprogramme. Die deutsche Wirtschaft ist zweigeteilt, was aber auch eine Chance sein könnte.
So weit, so medioker. Wenn Sie alt genug sind, dürfte Sie diese Zusammenfassung an „The sick man of Europe“ erinnern, dem legendären Titel des Economist aus dem Jahre 1999 (hier). Denn nur oberflächlich waren die Gründe für die damalige Krise andere. Heute sind des Corona und der Angriff Russlands auf die Ukraine. Damals waren es (vorgeblich) die Kosten und Strukturthemen der Wiedervereinigung. Dahinter liegt aber das stete Thema des Ausbaus der Sozialsysteme zu Lasten der wirtschaftlichen Entwicklung. Sprich, in knapp über zwanzig Jahren haben wir uns einmal im Kreis gedreht. Die – nunmehr zu großen Teilen zurückgedrehte – „Agenda 2010“ (hier) hat die damals schon laufenden Erosionsprozesse kurzzeitig verlangsamt, was sich Frau Merkel für ihre „Wohlfühlkanzlerschaft“ zu Nutze machen konnte. Aber nach Pandemie und Krieg treten die alten Themen – Soziales, Rente, Gesundheit – wieder ungeschminkt und ungelöst der verträumten deutschen Bevölkerung gegenüber. Und die „Friedensdividende“ ist aufgebraucht – wenn es sie denn jemals tatsächlich gab.
In den Anfangsjahren des neuen Jahrtausends entschied die Politik – neben der Agenda 2010 – Deutschlands Sicherheit an die USA, seinen Energiebedarf an Russland und sein exportbedingtes Wirtschaftswachstum an China auszulagern, um erneut Frau Stelzenmüller zu zitieren. Daneben hat Deutschland seine Geldpolitik an die EZB ausgelagert. Die Frage ist, wie sich die deutsche Politik im Angesicht des Scheiterns all dieser Entscheidungen innert zwanzig Jahren nun für die Zukunft positionieren wird. Von diesen Entscheidungen wird der Wohlstand der nächsten Generationen abhängen – und meine Rente. Angesichts dessen ist es schon fast drittrangig, ob Deutschland in 2023 einer Rezession oder Stagflation entkommt. Viel wichtiger ist es, mit den zahlreichen Hilfsprogrammen eine zukunftsfähige, nachhaltige wirtschaftliche Prosperität zu begründen. Einer stetig weitere Aufblähung des Staatshaushaltes und der Staatsquote dürften dabei die Finanzmärkte, einer stetigen Ausweitung der Abgabenquote die Unternehmen und – insbesondere qualifizierte – Mitarbeiter vorsichtig gesagt skeptisch gegenüber stehen. Sprich, entgegen dem (populistischen?) Ratschlag der „Wirtschaftsweisen“ wird die deutsche Politik über kurz oder lang doch an der Ausgabenseite ansetzen müssen – ohne die Fehler der vormaligen Politik – „Outsourcing“ wichtiger Versorgungseinrichtungen (hier am Beispiel Berlin dargestellt) bei Schaffung eines Niedriglohnsektors – zu wiederholen. Einnahmenseitig dürfte die Regierung dabei nicht um eine effiziente und effektive (Vorsicht, Triggerwarnung!) Erbschafts- und Vermögenssteuer herumkommen – um die Besteuerung der Arbeit zurückdrehen zu können. Insgesamt könnte man mal wieder im – zugegebener Maßen staubtrockenen – Spätwerk von Ludwig Erhard, „Wohlstand für alle“ blättern oder versuchen, das „magische Viereck“ des „gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ nach Art. 109 Abs. 2 GG etwas auszubalancieren.
Kann die amtierende Regierung diese Mammutaufgabe bewältigen? Wie sagte mein Glückskeks zum Jahreswechsel so schön: „Die wahre Kunst: Erwarte nichts und schätze alles.“ Wenn man die ersten Jahre des „Brioni-Kanzlers“ Schröder (hier) mit dem, sagen wir, holprigen, Start der Regierung unter Herrn Scholz vergleicht, bleibt die Hoffnung, dass auch er – hoffentlich eher früh als spät – in sein Amt finden und die strukturellen Probleme ähnlich beharrlich angehen möge, wie weiland Herr Schröder. So gesehen, werde ich jeden Schritt in die richtige Richtung zu schätzen wissen. Erwarten tue ich ihn nicht mehr.