„Wutjournalisten“ contra „Wutbürger“ – ob das was bringt?

Zeitung BR

Seit neuestem scheint der Kampf zwischen den Medien und dem Teil der Bevölkerung, den man für den oder die „Wutbürger“ hält, voll entbrannt zu sein. So versuchte sich neulich die Journalistin Susanne Gaschke in einer eher simplen Erklärung des Phänomens der Wutbürger:

Die hätten sowieso Beziehungsprobleme und würden zu viel in sozialen Medien „rumdaddeln“. Nun ja, ich schreibe ja auch gerade einen Blog-Beitrag, vielleicht zählt das auch zu diesem „volkszersetzenden Daddeln“…

Das dieser Artikel (eher eine persönliche Abrechnung mit tatsächlich wiederwärtigen Kommentaren) wahrlich nicht der einzige seiner Art ist, zeigt Heribert Seifert – ausgerechnet in der schweizerischen (wir Deutschen können das wohl leider nicht) – NZZ unter dem Titel „Hetzer, Idioten und Dumpfbacken“ zutreffend auf. Man springt halt nicht nur zu kurz, wenn man den Erfolg der AfD auf die Flüchtlingsströme beschränkt – sondern auch, wenn man große Teile der Bevölkerung als geistig minderbemittelt abqualifiziert, nur weil einzelne, die man diesem Teil zurechnet, ihre Kinderstube vergessen haben.

Eigentlich müsste der schreibenden Zunft doch beim Verfassen derartiger Zeilen das fulminante Scheitern der damaligen „Rote-Socken-Kampagne“ der CDU gegen die PDS noch vor Augen stehen. Diese (populistische) Kampagne führte nicht zu Stimmengewinnen für die CDU – stärkte dafür aber den Zusammenhalt in der PDS. Wenn nun Wutjournalisten gegen Wutbürger antreten, dann wird das eben im Zweifel auch nur zu einer Verhärtung der Fronten  führen – aber nicht zu einer Lösung der wirtschaftlichen und politischen Probleme. Eher läuft die „4. Gewalt“ im Staate Gefahr, sich durch derartige Artikel selber als Moderator erforderlicher Diskussionen in der Gesellschaft zu disqualifizieren.

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